Witten. Corona-Lockerungen: Die ersten Restaurants in Witten haben wieder geöffnet. Wer dort essen möchte, muss ein Hygiene-Pflichtprogramm absolvieren.

Noch schnell die Hände desinfizieren, die Maske wieder über Mund und Nase schieben - und den Pfeilen in Richtung Ausgangstür folgen: Yvonne Lückel und ihre Freundinnen verlassen das Café Extrablatt in Witten und atmen auf: „Endlich wieder essen gehen. Das war ein kleiner Schritt in Richtung Normalzeit!“

Auch wenn die Hygiene-Auflagen in den Restaurants vielen Kunden befremdlich erscheinen – die Lust aufs Ausgehen ist offenbar da. Im Café Extrablatt am Berliner Platz füllen sich zur Mittagszeit die ausgedünnt stehenden Tische. Ohne Klagen spulen die Gäste das neue Pflichtprogramm ab: Hände desinfizieren vorm Eingang. Mundschutz auf. Im Eingangsbereich den Zettel zur Datenabfrage ausfüllen. Die Kellner weisen Tische zu.

Speisekarte klebt als QR-Code auf dem Tisch

Eine Speisekarte gibt es nicht. Dazu scannt der Kunde einen QR-Code, der auf den Tisch geklebt ist, mit seinem Handy ab, das Speisenangebot erscheint auf seinem Bildschirm. „Wer kein Smartphone besitzt, bekommt von uns eine Speisekarte aus Papier“, sagt Schichtführerin Seda Aksan. „Aber die wird nachher entsorgt.“ Das Kleingeld landet auf dem Teller und selbst die Bedienung hat sich entlang der auf dem Boden aufgeklebten Wegweisern zu bewegen. „Das ist schon komisch“, sagt Yvonne Lückelt, die mit den Kolleginnen aus einer Praxisgemeinschaft essen war. „Andererseits war es lecker wie immer und damit war es gut.“

Wer keine Daten hinterlegt, muss gehen

Öffnung nur nach strengen Regeln

Restaurants und Cafés dürfen von 6 bis 22 Uhr wieder öffnen, und dies mit strengen Regeln: 1,5 Meter Abstand zwischen bestuhlten Tischen, keine Selbstbedienung oder Büffets. Die Plätze müssen namentlich gebucht und die Daten der Gäste „vier Wochen lang zur Nachverfolgung möglicher Infektionsketten“ aufbewahrt werden. Kommen darf man „mit Angehörigen des eigenen Haushaltes oder mit Personen eines weiteren Haushaltes“.

In Witten haben inzwischen auch alle Geschäfte wieder mit gesamter Verkaufsfläche geöffnet - etwa Galeria Kaufhof oder Saturn.

Wer durch die Innenstadt schlendert, bemerkt, dass viele Wittener interessiert die Aushänge an den Eingangstüren studieren. Manche Wirte kündigen eine baldige Öffnung an (Casa Cuba, 14.5.), manche liegen einfach brach (etwa der Asiate „Essenszeit“ im Celestianbau). Manche haben schon unbemerkt geöffnet (etwa die Pizzeria Pavarotti). Das Café del Sol an der Ruhrstraße öffnet nur für Gäste, die vorab telefonisch reserviert haben. Auch der Bahnhofsbäcker bedient wieder an den Tischen. Ein älterer Herr weigert sich, auf dem „Gästezettel“ seine Telefonnummern einzutragen. Keine Chance, er wird aufgefordert, das Lokal zu verlassen. Wieder ist an den wenigen Tischen ein Platz frei.

Take-away brachte nur zehn Prozent des sonstigen Umsatzes

Giuseppe Difonzo, Inhaber des Restaurants „Pino’s il Gusto“, sieht die Wiedereröffnung skeptisch. Am 12. Mai öffnet sein Restaurant neben der Stadtgalerie wieder.
Giuseppe Difonzo, Inhaber des Restaurants „Pino’s il Gusto“, sieht die Wiedereröffnung skeptisch. Am 12. Mai öffnet sein Restaurant neben der Stadtgalerie wieder. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Viele Wittener Gastronomen befürchten, dass eben diese Hygiene-Auflagen die Gäste eher vergraulen als anlocken werden. Giuseppe Difonzo, der das italienische Ristorante „Pino’s il gusto“ an der Stadtgalerie betreibt, ist kritisch. „Ich finde es sehr kompliziert und will abwarten, was die Gäste sagen“. Er bedauert, dass man gar nicht richtig servieren könne - da gehe doch die Atmosphäre flöten. In den letzten Wochen hat Pino wie so viele andere Gastronomen einen Take-away-Betrieb angeboten. „Aber das macht gerade mal zehn Prozent des sonstigen Umsatzes aus.“

Auch Suzana Filko vom „Hotel Specht“ in Annen rechnet mit einem verhaltenen Einstieg in die Wiederöffnung. Die Karte sei reduziert - sie setzt auf Spargel. Ihr Team probt an diesem Mittag noch die neuen Arbeitsabläufe, ab 17 Uhr wird geöffnet. Zu den vielen kleinen Neuerungen zählt zum Beispiel, dass die Gläser nicht länger an der Theke gespült werden dürfen, sondern bei mindestens 60 Grad durch die Spülmaschine gereinigt werden. Große Hoffnungen setzt Suzana Filko in den großen, parkähnlichen Biergarten des Hotel Spechts, in dem man die Tische weit stellen könne. „Ich hoffe sehr, dass die Leute wieder Lust bekommen, auszugehen.“