Witten. Wittens alteingesessenen Männer- und Frauenchören fehlt das gemeinsame Singen. Nicht nur das: Die Deutsche Eiche bangt gar um ihre Existenz.

Wie für alle Kulturschaffenden, so ist die Lage in der Coronakrise auch für die Wittener Chöre schwierig. "Es ist bitter, dass wir nicht gemeinsam singen können", sagt etwa Heinz-Jürgen Freitag, Vorsitzender des Männerchors Lyra. Ähnlich sehen das die Sänger der Deutschen Eiche Hammertal sowie die Sängerinnen des Damenchors Hammertal-Buchholz. Allen machen außerdem finanzielle Sorgen zu schaffen.

Die Deutsche Eiche Hammertal bangt gar um die Zukunft des Chors. Denn aus den Konzert-Einnahmen bestreitet er seine Kosten - Chorleiter, Miete, Material. "Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass wir in diesem Jahr noch einmal in die Probenarbeit einsteigen können", klagt Chormitglied Jürgen Pöting.

Wittener Chören gehen Einnahmen durch Konzerte verloren

Die 45 Sangesbrüder hätten zwar zunächst überlegt, sich nach Stimmlagen in der Kirche bei den Proben aufzuteilen, aber beim Singen reiche der Abstand von eineinhalb Metern nach Ansicht der Forscher ja nun nicht aus. Bei einem Durchschnittsalter von 79,2 Jahren sei eine Probe daher einfach zu gefährlich, so der 81-Jährige.

Nun fehlt den Männern seit Wochen nicht nur die seit Jahrzehnten bestehende Gemeinschaft, sie fürchten auch um die nächsten Konzerte. Ob und wann die stattfinden können, sei noch völlig offen. „Und dann müssen wir ja auch erst noch etwas einstudieren“, so Pöting. Besonders traurig für ihn: "Unser Chor wird in diesem Jahr 140 Jahre alt, wir hatten uns auf dieses Jubiläum ganz besonders vorbereitet."

Wittener Chöre bezahlen ihre Chorleiter auch in der Krise

Die Einnahmen aus den Konzerten, zu denen meist mehrere hundert Gäste kommen, brauche der Chor aber, um weiter bestehen zu können. Schließlich werde der Chorleiter auch in der Krise weiter bezahlt. Und so gehe es nicht nur der Deutschen Eiche, sondern vielen Chören im Chorverband.

Der Männerchor Witten-Bommern Lyra besteht seit 111 Jahren und hat 111 aktive Sänger, von denen mindestens 80 regelmäßig zu den Proben erscheinen. Die letzte fand im März statt. Nicht nur das Gemeinschaftserlebnis fehle nun, so Vorsitzender Heinz-Jürgen Freitag (69). Auch hier dasselbe Problem: "Uns fallen Einnahmen weg".

Lyra hat das Frühjahrskonzert auf den Herbst verschoben

So hat Lyra zum Beispiel das Frühjahrskonzert vom 17. Mai auf den 25. September verlegt. Doch ob das stattfinden könne, sei auch noch nicht sicher. Denn wenn die Abstandsregeln im Saalbau eingehalten würden, käme man vielleicht noch auf 100 statt wie sonst 800 Besucher, schätzt Freitag. Das lohne sich kaum.

Trotzdem haben die Herren die Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten. Denn Chorleiter Stefan Lex singt für jedes Lied alle vier Stimmlagen einzeln ein. Darauf können die Sänger via Homapage zugreifen und ihren Part einstudieren. "Die Notenhefte hat sowieso jeder zu Hause", sagt Freitag.

Mit ihrem Chorleiter zeigen sich auch diese Sänger solidarisch und zahlen ihm den größten Teil seines Gehalts weiter. "Wir können ihn ja nicht verhungern lassen", sagt der Vorsitzende. Immerhin 38 Jahre arbeitet Lyra mit Lex zusammen.

Damenchor hofft auf Proben nach den Sommerferien

Auch Ida Kubelke, die den Damenchor Hammertal-Buchholz seit zwölf Jahren leitet, wird weiterhin bezahlt. "Wir haben ein paar Rücklagen. Sonst ginge das nicht", erklärt Heidi Horst vom Vorstand. Denn der Monatsbeitrag sei gering, außerdem würden ihnen in dieser Zeit allein sieben bis acht Auftritte flöten gehen.

Doch viel schwerer als das finanzielle Problem wiege der soziale Aspekt. Heidi Horst, mit 60 Jahren das Küken des Chors: "Wir sind eine sehr gute Gemeinschaft. Die 23 aktiven Sängerinnen - die älteste ist 92 - haben sich auf jeden Probentag gefreut. Für sie ist diese Zeit nun sehr hart." Nach den Sommerferien, hoffen sie, geht es endlich weiter.

Info:

Die Mitglieder des Männerchors Deutsche Eiche Hammertal wollen sich in der Krise trotzdem etwas einfallen lassen. So soll das traditionelle Pfingstsingen am Wetterschacht nicht völlig ausfallen. Stattdessen soll der Gesang vom Band kommen. Wann genau das stattfinden soll, wird aber noch nicht verraten, um nicht zu viele Zuhörer anzulocken.

Und was wird mit den Konzerten? „Vielleicht machen wir im nächsten Jahr dann einfach zwei", so Chormitglied Jürgen Pöting, "und singen bei einem dann unsere Evergreens".

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