Witten. Nach Kliniken und niedergelassenen Ärzten sollen auch Therapeuten in der Corona-Krise eine Finanzspritze erhalten. Was Ute Repschläger freut.
Ende März hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Kliniken und niedergelassenen Ärzten eine finanzielle Unterstützung zugesagt. Da infolge der Corona-Pandemie auch die Patientenzahlen bei Therapeuten und Zahnärzten stark zurückgegangen sind, sollen jetzt auch diese Gesundheitsberufe Finanzspritzen erhalten. Das Bundesgesundheitsministerium will eine entsprechende Verordnung noch in dieser Woche auf den Weg bringen, hieß es auf Anfrage unserer Redaktion in Berlin. Was die Wittener Physiotherapeutin Ute Repschläger freut.
Über 30 Jahre betreibt Ute Repschläger schon ihre Praxis an der Galenstraße, in der zehn Physiotherapeuten arbeiten. Ein normalerweise sehr gut ausgelastetes Team. „Derzeit haben wir aber 50 bis 60 Prozent weniger Patienten", sagt die Chefin. Ihre Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Vor allem ältere Menschen, die Angst hätten, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, blieben der Praxis fern. Physiotherapie-Praxen, die Altenheime versorgen, hätten sogar einen Patienten-Rückgang von bis zu 90 Prozent, so Repschläger. Kollegen, die um ihre Existenz bangten, betont die 59-Jährige, die auch Vorsitzende des Bundesverbandes selbstständiger Physiotherapeuten – IFK. e.V. ist.
Video-Sprechstunde wird nur vereinzelt genutzt
Die Menschen, die zur Behandlung in Ute Repschlägers Praxis kommen, weil sie dringend Physiotherapie benötigen - etwa nach einem Schlaganfall, Brustkrebs oder einer Operation - treffen auf Therapeuten mit einem Mundschutz. Repschläger: „Den habe ich Gott sei Dank organisieren können. Wir bitten auch Patienten, einen Mundschutz mitzubringen." Was fehle, sei Schutzkleidung, um beispielsweise Patienten mit einer schweren Lungenerkrankung wie COPD zu Hause behandeln zu können.
Was Ute Repschläger in Corona-Zeiten auch anbietet, ist eine Video-Sprechstunde. „Wenn jemand zum Beispiel akute Nackenprobleme hat, mache ich am PC Übungen vor, die der Patient dann nachmacht." Leider werde dieses Angebot bislang nur vereinzelt genutzt.
„Es gibt Praxen, die sind kurz vor der Insolvenz"
Für die jetzt von Jens Spahn angekündigte finanzielle Unterstützung hätten die Physiotherapeuten lange gekämpft, seien auch beim Minister selbst und anderen Politikern vorstellig geworden, betont Repschläger. Mit der Corona-Soforthilfe des Landes, die auch selbstständig tätige Physiotherapeuten hätten beantragen können, könne man höchstens die Fixkosten einer Praxis decken.
Ute Repschläger sieht die durch den Bundesgesundheitsminister zugesagte Hilfe als eine Art Ausgleichszahlung an. Denn durch die geringeren Patientenzahlen in den Praxen würden die Krankenkassen derzeit auch viel Geld sparen. Sogenannte Heilmittelerbringer - wie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden - werden 40 Prozent ihrer Vergütung aus dem vierten Quartal 2019 als Einmalzuschuss erhalten, hieß es auf Anfrage unserer Redaktion am Mittwoch (15.4.) beim Bundesgesundheitsministerium. Geld, das dringend benötigt wird, wie Ute Repschläger weiß: „Es gibt Praxen, die sind kurz vor der Insolvenz."
„Wenn ich die Praxis schließen müsste, könnte ich Hartz 4 beantragen"
Eine Finanzspritze, die auch Corinna Düppengießer gut gebrauchen kann, die eine Praxis für Physiotherapie in Stockum betreibt und dort alleine arbeitet. Weil die 52-Jährige weniger Patienten hat, ist ihre Praxis jetzt nur noch vormittags geöffnet. Sonst müssten Patienten, die auch aus Langendreer und nahen Dortmunder Stadtteilen zu ihr kommen, auch schon einmal mit einer drei- bis vierwöchigen Wartezeit rechnen, sagt sie.
Corinna Düppengießer hat bereits 9000 Euro Soforthilfe vom Land erhalten. Damit könne sie in den nächsten drei Monaten zum Beispiel ihre Miete und ihre Krankenversicherung bezahlen, erklärt sie. Die jetzt vom Bundesgesundheitsminister angekündigte Zahlung sei ihr sehr willkommen. „Wenn ich die Praxis schließen müsste, könnte ich Hartz 4 beantragen."
>>>Auch Zahnärzte bekommen Geld
Wegen einbrechender Patientenzahlen sollen jetzt laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) auch Therapeuten, Zahnärzte sowie Reha-Einrichtungen für Eltern-Kind-Kuren während der Corona-Pandemie finanziell unterstützt werden.
Zahnärzte bekommen 30 Prozent der Differenz zwischen angenommener Gesamtvergütung für das laufende Jahr und tatsächlich erbrachter Leistung, heißt es vom BMG. Reha-Einrichtungen für Eltern-Kind-Kuren erhalten 60 Prozent des Tagessatzes für leere Betten.