Witten. Regelmäßig war diese Auenlandschaft in Witten früher überflutet. Kürzlich ist das Naturschutzgebiet renaturiert worden. Wissen Sie, wo es liegt?
Der aktuelle Wasserpegel der Ruhr ist schon beeindruckend. Aber das ist kaum der Rede wert, wenn man an die Bilder aus den 1970er Jahren denkt, als der Fluss über seine Ufer trat. Bis zur Anstauung des Kemnader Stausees 1980 kam das Hochwasser in Witten im Winter und Frühjahr so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber wo breitete sich das Wasser so stark aus wie auf unserem Rätselbild?
Der „einsame Cowboy in der Wasserwüste“ war auf den überfluteten Wiesen am „Spiek“ unterwegs. So nennt man den Seitenarm der Ruhr bei Bommern, zwischen dem Campingplatz Steger und Wengern. Parallel verlaufen die Bahnlinie des Museumzugs und der Ruhrtalradweg. Fotograf Davide Bentivoglio stand an der Gaststätte „Am Jakob“ und fotografierte den Bauer, der dort Rinder und Pferde auf der Weide hielt, die nun vom Hochwasser eingeschlossen waren. Im Hintergrund sieht man den Wartenberg sowie den Gederfeldweg – so haben es auch Leser Gerd Gahr und Christina Wildvang richtig erkannt.
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Gerd Gahr erinnert sich: „Zu der Zeit waren Überflutungen im Ruhrtal ganz normal. Sie kamen in der Regel ein paarmal im Jahr vor, liefen aber relativ undramatisch ab.“
Wittener Ruhr war breiter und reich an Buchten
Historische Karten geben einen Überblick darüber, wie die Ruhr in Witten früher aussah. Sie war breiter und reich an Buchten, hat immer wieder am Ufer genagt und andernorts Schotterbänke aufgeworfen.
In der Aue gab es viele Tümpel. Sümpfe und Altarme, im Volksmund „Spiek“ genannt, zogen sich am Auenrand entlang. Durch Auenwälder und Röhrichte schlängelte sich eine Vielzahl naturnaher Nebenbäche, die heute nur noch als Gräben existieren.
Die Bezirksregierung Arnsberg renaturiert seit 2018 die Ruhraue bei Witten und Wetter. Dazu werden künstliche Uferbefestigungen, vom Menschen einst geschaffen, wieder entfernt. Bereits umgestaltet wurden die Fläche in Wengern und Bommern. In Arbeit bzw. in Planung sind die Ruhrufer bei Gedern und oberhalb der Nachtigall-Brücke.
Winfried Laschat weiß Genaueres: „Der Pächter der Ruhrwiese war zwischen 1974 und 1978 Kurt Laschat.“ Im Bild erkennt er einen von ihm und seinem Vater gebauten Pferdestall. Und eine Hundehütte, die durch das Wasser treibt. Den einsamen Reiter kennt er jedoch nicht. Peter Steger – der heutige Campingplatzbesitzer – will allerdings Kurt Laschat erkannt haben. Zwei Daten hat er auch parat. „So ein Hochwasser hatten wir am 23.2.1970 und am 6.2.1980. Immer musste die Feuerwehr helfen.“
Witten hat viele Überschwemmungen erlebt. Gerrit Haren nennt in seinem Buch „Geschichte der Stadt Witten“ über 20 außerordentliche Hochwasser in der Zeit von 1458 bis 1909. Die Flut von 1682, schreibt er, sei „die schlimmste seit Jahrhunderten“ gewesen. Beim Hochwasser von 1808 zitiert er einen Bericht aus dem „Wittener Tageblatt“: Es habe „das Ruhrtal in einen brüllenden See verwandelt, der sich mit elementarer Kraft einen Ausweg talabwärts gebannt“.
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Weiter wird beschrieben, wie die Fluten dem Schleusenwärterhaus an der Blankensteiner Schleuse zum Verhängnis zu werden drohten. Das von der tosenden Flut umflossene Schleusenwärterhaus drohte zusammenzubrechen, während der Schleusenwärter mit seiner Familie hilflos darin gefangen war. Nur mit dem heldenhaften Einsatz des „unerschrockenen und kampferprobten Fährmanns Kost aus Welper mit Hilfe seines Knechts“ gelang es, die Familie in größter Lebensgefahr zu retten. Minuten danach brach des Haus in den Fluten zusammen.
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Inzwischen dienen drei der 17 Talsperren entlang der Ruhr unter anderem dem Hochwasserschutz. Sie reduzieren vor allem im Winter die Spitzen der Flut. Zusätzliche Schutzeinrichtungen schützen die Ruhrgebietsstädte vor Überflutungen, so der Ruhrverband. Vor allem aber soll eine Renaturierung der Auenlandschaft Hochwasser auffangen. So wurde im Vorjahr etwa auch der Spiek renaturiert. Weitere Auen sollen folgen.