Witten. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Grüner Kornmarkt“ in Witten klagen nun vor dem Verwaltungsgericht. Anwalt: Ratsbeschluss ist rechtswidrig.

Der renommierte Münsteraner Verwaltungsjurist Wilhelm Achelpöhler verklagt im Auftrag der Initiative „Grüner Kornmarkt“ die Stadt Witten. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen die geplante Bebauung des Kornmarktes haben sich an das Verwaltungsgericht Arnsberg gewandt. Anwalt Achelpöhler beantragt beim Gericht „im Wege der einstweiligen Anordnung“ vorläufig festzustellen, dass der Ratsbeschluss vom 3. Februar rechtswidrig ist. Der Rat hatte in seiner Sitzung mit deutlicher Mehrheit das Bürgerbegehren fraktionsübergreifend für unzulässig erklärt.

Jurist Achelpöhler erklärte am Montag (2.3.) gegenüber unserer Redaktion, dass der Rat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entschieden habe, obwohl die Unterschriftensammlungen des Bürgerbegehrens noch gar nicht bei der Stadt eingegangen seien. Dies verstoße gegen die NRW-Gemeindeordnung. Achelpöhler: „Das ist ein NRW-weit bislang einmaliger Vorgang.“

Anwalt: Kornmarkt ist „eine Angelegenheit, die stadtplanerische Elemente enthält“

Im Antrag des Anwalts an das Verwaltungsgericht heißt es weiter, dass der Rat „in rechtswidriger Weise die ordnungsgemäße Durchführung des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids beeinträchtigt“ habe. Die Stadt hatte sich bei der Ablehnung des Bürgerbegehrens vor allem darauf berufen, dass dieses – zu spät – nämlich erst am 19. Dezember 2019 – bei der Verwaltung eingereicht worden sei. Denn der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz (ASU) habe schon am 8. März 2018 die Bebauung des Kornmarktes beschlossen.

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Laut Achelpöhler ist ein Bürgerbegehren nach der NRW-Gemeindeordnung nur an eine Frist gebunden, wenn sich dieses gegen einen Beschluss des Rates richte. Der Wittener Rat beziehe sich darauf, dass dem ASU die Regelung von „Grundstücksangelegenheiten“ zugewiesen sei. Bei der geplanten Kornmarktbebauung handele es sich aber um „eine Angelegenheit, die stadtplanerische Elemente enthält“, so der Jurist. Aufgaben der Stadtplanung könne der Stadtentwicklungsausschuss daher nicht wirksam abschließend entscheiden. Bei Planungs- und Stadtentwicklungsangelegenheiten habe der Ausschuss – „laut Zuständigkeitsordnung der Stadt Witten“ – nur eine Befugnis zur Vorberatung.

Initiatoren des Bürgerbegehrens: Stadt behandelt Kornmarkt wie eine Baulücke

Am 9. November 2019 machten sich Bürger für einen grünen Wittener Kornmarkt stark. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services
Am 9. November 2019 machten sich Bürger für einen grünen Wittener Kornmarkt stark. Foto: Jürgen Theobald / FUNKE Foto Services

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Grüner Kornmarkt“ – Ratsherr Carsten Samoticha („Die Linke“), die promovierte Landschaftsplanerin Kirsten Irle und Rainer Gehrke – kritisieren, dass die Stadt die geplante Bebauung behandele wie die Schließung einer Baulücke. So könne auf ein Bebauungsplanverfahren verzichtet werden. Kirsten Irle: „Dieses würde auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig machen.“ Die Initiatoren und ihr Anwalt betonen, beim Kornmarkt handele es sich aber um keine Baulücke, sondern um einen öffentlichen Platz von historischer Bedeutung.

Die Stadt bleibt dabei: Der Ratsbeschluss vom 3. Februar sei rechtmäßig, „da der Rat und seine Mitglieder nicht verpflichtet sind, sich zu einem Bürgerbegehren neutral zu verhalten“, erklärte Stadtsprecher Jörg Schäfer gegenüber unserer Redaktion. Das Bürgerbegehren könne aus Sicht der Stadt nicht mehr fristgerecht gestartet werden. Schäfer: „Wir sehen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zuversichtlich entgegen. Wir haben den Antragstellern unsere Einschätzung frühzeitig mitgeteilt, um ihnen die Chance zu geben, darauf mit ihren Aktivitäten zu reagieren.“

Stadtsprecher: Verwaltung ist verpflichtet, Beschluss des Ausschusses umzusetzen

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz habe entschieden, wie der Kornmarkt bebaut werden soll. „Somit ist die Verwaltung der Stadt Witten verpflichtet, diesen Beschluss umzusetzen.“ Rein rechtlich betrachtet sei ein Bürgerbegehren noch immer nicht offiziell eingereicht. Dafür müssten der Stadt die Unterschriftenlisten vorliegen. Sprecher Jörg Schäfer: „Daher ist für uns nicht abzusehen, ob und wann das Bürgerbegehren überhaupt kommt. Diese unklare Lage soll aber nicht dazu führen, dass sich das Projekt verzögert.“