Witten: So sieht es hinter der Fassade der Villa Ruhrtal aus
•
Lesezeit: 4 Minuten
Witten. Eines der prachtvollsten Häuser Wittens steht in Herbede. Ein Blick ins Innere der Villa Ruhrtal, die einst ein Brauerei-Besitzer residierte.
Wittens wahrscheinlich prachtvollstes Gebäude zeigt seit einigen Wochen auch von außen, was in ihm steckt: Die Villa Ruhrtal in Herbede strahlt vorn mit weißer Fassade und auf ihrer Rückseite mit einer hohen handgearbeiteten Mauer zum Mühlengraben mit seiner starken Strömung hin. Die Bauarbeiten haben etliche Spaziergänger in den letzten Monaten interessiert beobachtet. Ins Innere der Unternehmervilla dürfen sie aber nicht – dort haben sich verschiedene moderne Unternehmen niedergelassen. Deren Mitarbeiter arbeiten unter Putten-Malerei, Stuckdecken und Pilastern, mit Glasfaseranschluss und Ruhrblick.
Die Villa Ruhrtal wurde 1895 von Friedrich Brinkmann erbaut, dem Besitzer der Ruhrtal-Brauerei. Die eigentliche Brauerei lag gegenüber. In dem nahe liegenden Hang verbirgt sich noch heute ein ausgedehntes Tunnelsystem. Die Unternehmervilla entstand im Historismus-Stil, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beim Großbürgertum sehr in Mode war, erklärt Wittens neuer Denkmalpfleger Magnus Terbahl. Verschiedene Stilelemente, die sich auf vergangene Epochen beziehen, werden dabei kombiniert. Verkröpfte Gesimse oder angedeutete Säulen finden sich innen wie außen. „Die Villa Ruhrtal entspricht einer klassischen Fabrikantenvilla. Ein Gebäude in dieser opulenten Ausstattung findet sich in Witten nicht noch einmal“, so Terbahl.
Wittener Hausbesitzer waren „verrückt und reich genug“ für eine Restaurierung
Als 1920 die Brauerei den Betrieb einstellte, war dies auch der Niedergang der Unternehmervilla. „Zuletzt waren es Werkswohnungen von Thyssen“, erinnert sich Architekt Thorsten Kestner, der in den letzten Jahren immer wieder von wechselnden Hausbesitzern engagiert worden war. „Hier war alles kaputt. Die Wasserrohre wurden durch den Stuck geführt. Da gab es kein Gespür für den Wert des Hauses.“
Historische Brauerei-Villa erstrahlt in neuem Glanz
1/24
Vor 20 Jahren residierte die Computerfirma „Daedalos“ in dem Gebäude, deren Geschäftsführer waren „verrückt und reich genug“, so Kestner, einen denkmalgerechten Umbau anzugehen. Seine Fotos von damals belegen: Die völlig verblasste Deckenmalerei wurde schichtweise freigelegt und in Originalfarben erneuert. Das Buntglasfenster restaurierte originalgetreu der Glaser Günter Pohl aus dem Hammertal. Zurzeit arbeitet das Stockumer Bauunternehmen Richard an einer vier Meter hohen Schutzmauer im Garten. Die komplizierte Unterkonstruktion, in der 14 Tonnen Stahl stecken, wird aufwändig mit Ruhrsandstein verkleidet.
Diese Detailliebe sei keine Auflage der Denkmalbehörde, erklärt Magnus Terbahl. „Es gibt zwar eine Instandhaltungspflicht, aber keine Pflicht zur Wiederherstellung.“ Im Falle der Villa Ruhrtal geschieht dies aus Liebhaberei.
Gebäude wechselte vor anderthalb Jahren den Besitzer
Das verstorbene Ehepaar Ute und Andreas Tuschen setzte die Arbeit fort. Auch der aktuelle Besitzer sieht die Unternehmervilla als Herzensangelegenheit. „Ich kenne das Gebäude schon lange, es hat mich schon immer fasziniert“, sagt der Wittener. Vor anderthalb Jahren hat er das „einmalige Haus“ erworben. Er setzt die Vision der Tuschens fort: Die historischen Räume werden als inspirierender Arbeitsort genutzt.
Finanzberater Martin Winkler residiert dort mit seinem Unternehmen „Global Finanz“. Zwei Jahre lang hatte er sich um Büroräume bemüht. „Dies ist ein wahnsinnig beeindruckendes Gebäude“, schwärmt er und mit Blick auf die frisch gestrichene Fassade: „Da hat man Südstaatenflair vor der Tür.“ Winkler grinst. „Naja, vielleicht auch nur ein bisschen Hamburg.“
Sandra Dietz, Geschäftsführerin des Raumausstatters „4d Raumwerk“, arbeitet zwischen Birkenstämmen und Steinchenteppich, im raffiniert eingerichteten Dachgeschoss der Villa. Was ihre Firma ausmache, nämlich Gestaltung und Akustik, könne sie so am besten präsentieren. „Ich sage immer: Wenn man Kunden in sein Haus bittet, spielt man auf seinem eigenen Klavier.“
Den besten Eindruck erweckt dabei schon die Eingangshalle mit ihrem Mosaikboden und den Engel-Fresken an der Decke – die perfekte Ouvertüre hinter der Haustür zu einem mächtigen Crescendo im Dachgeschoss.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.