Witten. Wo wohne ich in zehn Jahren? Wie soll ich ohne Auto einkaufen? Die Familien- und Krankenpflege Witten berät jetzt Senioren, bevor es zu spät ist.
Ein großes Haus, ein schöner Garten, am besten etwas außerhalb der Stadt. So oder so ähnliche Pläne haben wohl viele. Aber was passiert mit dem Grundstück, wenn die Kinder ausgezogen sind? Wer putzt die ganzen Fenster? Damit Menschen gar nicht erst in eine solche Situation geraten, bietet die Familien- und Krankenpflege (FuK) Witten jetzt eine telefonische Beratung für Wittener ab 67 Jahren und ihre Angehörigen an.
Das Angebot läuft im Rahmen des neuen FuK-Projekts „Miteinander und nicht allein – Selbstbestimmt im Alter“. Ziel dabei ist es, Menschen frühzeitig auf eine etwaige Veränderung der Lebenssituation, sei es durch Alter oder Krankheit, vorzubereiten. „Isolation, Pflege, Fremdhilfe – das sind immer noch Tabuthemen“, sagt Volker Rumpel. Der stellvertretende Vorsitzende befürchtet, dass Maßnahmen daher oft zu spät ergriffen werden. „Die meisten wollen sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigen.“ Oft passiere das erst, wenn es bereits zu spät ist.
Wittener müssen sich über ihre künftige Wohnsituation Gedanken machen
Ein wichtiges Thema, mit dem man sich daher schon frühzeitig beschäftigen sollte, ist die Wohnsituation. „Man wohnt gemeinsam in einem großen Haus, irgendwann ziehen die Kinder aus. Wenn dann der Partner oder die Partnerin verstirbt, ist man plötzlich allein. Was macht man dann alleine in einem großen Haus?“, fragt Rumpel. Daher will er mit seinem Team die Wittener dafür sensibilisieren, sich bereits im Vorfeld Gedanken über die künftige Wohnsituation zu machen. „Wir fragen die Leute, wie sie sich ihre Wohnsituation in fünf oder zehn Jahren vorstellen und bieten ihnen Alternativen an“, sagt er.
Wohne man erst einmal alleine, sei die Gefahr einer Isolation nicht weit entfernt. „Wenn die sozialen Kontakte fehlen, geht auch die Neugierde irgendwann verloren. Man sieht ja nichts Neues mehr“, sagt Rumpel. Dabei habe der Kontakt zu anderen Menschen nachweislich positive Auswirkungen. „Wir merken ja in der Tagespflege, wie schön das für die Menschen ist, wenn sie auch nur einen Tag aus ihrem Alltag herauskommen.“
Wittener werden bei der Telefonsprechstunde beraten
Rebecca Mensah ist die Leiterin des Projekts, das im Januar begonnen hat. „Wir haben es uns zu Aufgabe gemacht, Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen zu unterstützen, sie zu begleiten und ihnen ein offenes Ohr zu bieten“, sagt sie. Daher wurde als erste Maßnahme eine Telefonsprechstunde eingerichtet. Diese findet ab dem 28. Februar jeden Freitag von 11 bis 13 Uhr statt (02302 9404026). Die Sprechstunde richte sich aber nicht nur an Wittener über 67 Jahren. Angehörige und engagierte Bürger können sich ebenfalls bei der FuK melden.
Auch die Patientenverfügung sei ein Thema, das oft zu spät angegangen werde. „Natürlich machen wir keine Rechtsberatung“, sagt Mensah. „Aber wir stellen den Kontakt her und sorgen dafür, dass die Menschen gut beraten werden.“ Die Familien- und Krankenpflege kooperiert dazu mit verschiedenen Partnern. „Wir sind die erste Anlaufstelle, wenn es ein Problem gibt“, sagt sie.
Das Selbstbewusstsein stärken und die Angst vor dem Altern nehmen
50.000 Euro Förderung
Das neue Projekt der Familien- und Krankenpflege Witten, Wullener Feld 34, wird durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
Insgesamt 50.000 Euro hat die Pflegeeinrichtung dafür erhalten. 40.000 Euro seien für die Abdeckung der Personalkosten, die übrigen 10.000 Euro werden unter anderem für Veranstaltungen und die Öffentlichkeitsarbeit genutzt.
„Gerade im Alter oder bei Krankheit trauen sich viele Menschen nicht mehr viel zu“, weiß die Projektleiterin. Allein das Einkaufen bedeute für viele Senioren schon eine Herausforderung. „Die Supermärkte sind heutzutage riesengroß, die Regale meist viel zu hoch und spätestens an der Kasse geraten sie unter Druck, wenn sie nicht schnell genug das Kleingeld finden.“
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Rebecca Mansah und ihr Team haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, das Selbstbewusstsein der Menschen zu stärken und ihnen die Angst vor dem Altern zu nehmen. „Wir entscheiden gemeinsam mit mit den Menschen, was noch möglich ist und bei welchen Aufgaben sie Unterstützung brauchen.“ Nur so könne verhindert werden, dass Menschen aus Angst vor dem Alltag vereinsamen.
Am langen Sicherheitswochenende üben, mit dem Rollator in den Bus einzusteigen
Als ersten Schritt aus der Unsicherheit bietet die Familien- und Krankenpflege gemeinsam mit dem Arbeiter-Samariter-Bund am „langen Sicherheitswochenende“ Erste-Hilfe-Schulungen für Senioren an. Am 20. und 23. März können interessierte Wittener Antworten auf Fragen wie „Was kann ich tun, um meinem Partner zu helfen, bevor der Notarzt eintrifft?“ bekommen.
Zwei Sicherheitsberater, die von der Polizei Bochum ausgebildet wurden, geben an dem Wochenende außerdem Ratschläge zu Themen wie Brandschutz, Einbruch und Trickbetrug. An einem der beiden Tage wird auch die Bogestra vor Ort sein. Die Senioren können üben, wie man mit einem Rollator oder Rollstuhl in den Bus einsteigt und erfahren, wo der beste Sitzplatz im Bus ist. Die Veranstaltung findet Freitag und Montag jeweils von 11 bis 15 Uhr am Wullener Feld 34 statt.