Witten. Nachdem es nun auch einen PCB-Verdachtsfall in Witten gibt, verlangt die SPD Aufklärung. Erstmals bezieht nun auch die Firma öffentlich Stellung.

Erhöhte PCB-Werte, die beim Silikonverarbeiter Sico in Witten-Rüdinghausen gemessen wurden, beschäftigen Kreis und Landesumweltamt. Schließlich sollen die giftigen Chlorverbindungen Krebs auslösen. Sico-Chef Ralf Skoda betont: „Wir können uns nichts vorwerfen lassen.“

Landesumweltamt will Proben im Umfeld des Wittener Betriebs nehmen

Die SPD will das Thema auf die nächste Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 17. März setzen lassen: „Aufgrund der großen Relevanz für die Öffentlichkeit wünsche ich mir einen aktuellen Sachstandsbericht“, erklärt Ratsmitglied Frank Krebs. Die SPD-Fraktion verweist auf die seitens der Behörden geplanten Löwenzahnuntersuchungen im Umfeld der Firma an der Friedrich-Ebert-Straße im Rüdinghauser Gewerbegebiet im März. Bisher ist noch nicht erwiesen, dass PCB – anders als in Ennepetal – in Witten überhaupt in die Umwelt gelangt ist.

„Wir können uns nichts vorwerfen lassen. Sämtliche Messungen sind ausschließlich von uns selbst beauftragt worden“, erklärt Ralf Skoda, Geschäftsführer der betroffenen Firma Sico in Rüdinghausen. Seine Firma habe die Ergebnisse an die Bezirksregierung, Berufsgenossenschaft und an den EN-Kreis weitergeleitet – aus freien Stücken als Reaktion auf die Vorfälle in Ennepetal. „Das war betriebsintern für uns wichtig. Eine Selbstinformation, ob wir überhaupt betroffen sind“, so Skoda. „Wenn Handlungsbedarf besteht, sind wir interessiert daran, eine Lösung zu finden.“

Silikonverarbeiter Sico

Seit 1985 sitzt Sico an der Friedrich-Ebert-Straße. 60 Beschäftigte verarbeiten dort Silikonkautschuk und stellen daraus vielfältige Formteile, Schläuche und Profile her. Ein zweites Werk gibt es in Tschechien.

Sico legt laut seiner Homepage viel Wert auf Zertifizierungen. Das Unternehmen hat sich verpflichtet, alle notwendigen Informationen und Ressourcen zur Erreichung unserer Umwelt- und Energieziele zur Verfügung zu stellen sowie Umweltbelastungen zu vermeiden.

Laut Skoda wurden mehrere Proben entnommen, alle an Orten, an denen kein Publikumsverkehr herrsche. Die Messergebnisse lagen nach Angaben des Firmenchefs oft unter dem erlaubten Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kilo (mg/kg). Eine Kratzprobe aber stamme aus einem Heiztunnel, der nur über längere Wechselintervalle gesäubert werde. Man habe bewusst an dieser Stelle messen lassen. Genau dort wurde auch das ebenfalls in Ennepetal gemessene PCB 47 festgestellt – in einer Menge von etwa 390 mg/kg. Alles was über 50 mg liegt, stuft der Kreis als „gefährlichen Abfall“ ein. Dass Landrat Olaf Schade (SPD) dies zum Anlass nahm, die Öffentlichkeit zu informieren, habe ihn völlig überrascht, so Ralf Skoda.

Wittener beklagen seit Längerem Geruchsbelästigung

Obwohl der Kreis betont, dass der Wittener Fall überhaupt nicht mit Ennepetal vergleichbar sei, befürchten mehrere Rüdinghauser nun schon das Schlimmste. Erinnert wird an Proteste von Bürgern aus dem angrenzenden Dortmund-Persebeck im Jahr 2017. Seit Jahren fühlten sie sich von einem Geruch belästigt, der angeblich von der Firma Sico aus über die Stadtgrenze nach Dortmund weht. Das Wittener Unternehmen bestritt, der Verursacher zu sein. Der EN-Kreis ging den Beschwerden nach, konnte aber keine Geruchsbelästigung feststellen. Anwohner Ulrich Noelle hatte sich schon vor acht Jahren beim Landesumweltamt über Sico beschwert. „Wenn Gestank in der Nase hängt, kann das nicht gesund sein“, findet er. Die Behörde gab ihm einen Korb, er gab frustriert auf.

EN-Kreis: Wittener Fall nicht mit Ennepetal vergleichbar

In Ennepetal waren in den vergangenen Monaten immer wieder hochbelastete weiße Flocken entdeckt worden. Am Freitag (21.2.) gibt es um 18 Uhr eine Bürgerversammlung in Haus Ennepetal mit Kreis und Landesumweltamt. Dann soll auch über freiwillige Blutuntersuchungen informiert werden, die in Ennepetal ab Mai/Juni gerade Frauen im gebärfähigen Alter und für Kinder angeboten werden sollen. „Davon sind wir in Witten aktuell noch weit entfernt“, betont Wolfgang Flender, Abteilungsleiter „Umwelt“ beim Kreis.