Witten. Eklist Voga sprach kaum Deutsch, als er seine Friseurausbildung in Witten begann. Heute ist er Geselle und hofft auf eine Zukunft in Deutschland.
16 Jahre alt war Eklist Voga, als er zum ersten Mal den Friseursalon von Lulzim Qunaj in Witten betrat. Nur sehr radebrechend sprach der junge Migrant damals Deutsch. Ohne seine Familie hatte er wenige Monate zuvor sein Heimatland Albanien verlassen. Der Wittener Friseurmeister gab dem zurückhaltenden Voga trotzdem eine Chance – und hat es nicht bereut.
Heute, rund drei Jahre später, hat Eklist Voga erfolgreich seine Gesellenprüfung als Friseur abgelegt. „Ich fühle mich in Deutschland wohl, ich bin hier ja quasi groß geworden“, sagt der 20-Jährige. Zu verdanken hat er seinem Lehrmeister Qunaj nicht nur seine Berufsausbildung. „Ich habe eigentlich alles hier im Salon gelernt“, sagt Voga. Angefangen bei seinen mittlerweile sehr guten Sprachkenntnissen.
Deutsch hat der junge Flüchtling im Friseursalon in Witten gelernt
Lulzim Qunaj, der selbst als Jugendlicher aus dem Kosovo nach NRW gekommen ist, hat mit seinem Schützling Deutsch geübt. „Am besten geht das ja sowieso im Gespräch“, findet der 43-Jährige. „Angefangen haben wir mit der Begrüßung und uns dann Schritt für Schritt vorgearbeitet. Als Friseur redet man ja sowieso den ganzen Tag“, sagt er schmunzelnd. Beide sprechen dieselbe Muttersprache – haben aber nicht ein einziges Mal Albanisch miteinander gesprochen, wie Qunaj versichert.
Auch von den überwiegend weiblichen Kundinnen des Salons an der Wiesenstraße sei der Nachwuchs-friseur sehr gut aufgenommen und beim Deutschlernen unterstützt worden. „Sie haben gemerkt, dass da ein höflicher junger Mann ist, der sich viel Mühe gibt und schnell lernt“, sagt sein Ausbilder stolz. Auch in die deutsche Kultur und Umgangsformen hat er den jungen Voga eingeführt.
„Ich habe gesehen, da steht einer, der will was erreichen.“
Seine eigene Lebensgeschichte hat den erfolgreichen Friseur aus dem Wiesenviertel motiviert, dem damals jungen Flüchtling eine Chance zu geben. „Man schaut da ganz anders drauf, wenn man selbst diesen Weg gegangen ist“, sagt Lulzim Qunaj. „Ich sehe mich selbst in ihm.“
Mit 14 Jahren kam Qunaj alleine nach Deutschland. Heute hat er nicht nur seinen eigenen Salon in Witten, sondern reist auch regelmäßig zu Modenschauen, etwa zur „Fashion Week“ in Berlin. Sein Azubi überzeugte ihn von Anfang an auch menschlich. „Ich habe gesehen, da steht einer, der hat Lust, will etwas erreichen und wird das durchziehen.“
202 Flüchtlinge haben Arbeit aufgenommen
Bislang ist Eklist Voga in Deutschland nur geduldet. Er hofft, durch seine Festanstellung nun eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Albanien gilt in Deutschland als sicheres Herkunftsland. Asylanträge von Menschen dieser Staatsangehörigkeit werden deshalb in der Regel abgelehnt.
Derzeit befinden sich in Witten insgesamt 317 Menschen im Asylverfahren und weitere 398 sind geduldet.
2019 sind in Witten von Januar bis August 202 Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert worden. Diese Personen haben sich entweder selbstständig gemacht, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen oder eine Ausbildung begonnen. 74 Personen sind in eine geringfügige Beschäftigung vermittelt worden. Im Leistungsbezug des Jobcenters sind 1112 Geflüchtete (September 2019).
Schon in seiner Heimat arbeitete Eklist Voga auf seinen Traum hin. Um sich die Fahrt nach Deutschland zu finanzieren, ging er putzen und kellnerte. In Deutschland lebte er zunächst als Asylbewerber in einer Unterkunft in Dortmund, bevor er in eine Wohnung mit vier anderen Jugendlichen nach Herne kam. Sein Sozialarbeiter vermittelte ihn an den Wittener Friseursalon.
Wittener Friseurmeister: „Junge Migranten sind gut für das deutsche Handwerk“
„Ich bin heute sehr froh, dass ich Friseur geworden bin, etwas Handwerkliches gelernt habe“, sagt Voga. In Albanien hätte er auch mit einem Studium keine vergleichbare Zukunftsperspektive gehabt, da ist er sich sicher. An seiner neuen Heimat schätzt er die Disziplin. „Das mag ich. In Albanien wird einfach drauflos gemacht.“
Friseurmeister Lulzim Qunaj ist überzeugt, dass junge Migranten wie sein neuer Geselle dem deutschen Handwerk gut tun. „Es ist schwer, gutes Personal zu finden. Alle wollen nur Abitur machen und studieren“, sagt der 43-jährige. Junge Menschen aus anderen Ländern könnten diese Lücke füllen.