Witten. 1,5 Millionen Euro mehr Umsatz haben Wittener Unternehmer durch das Netzwerk BNI erwirtschaftet. Mitglied kann jeder werden – doch das kostet.

Jeden Dienstag trifft sich um Viertel vor sieben eine illustre Herrenrunde im Backhaus an der Dortmunder Straße zum Frühstück. Am Tisch sitzen dann etwa ein Rechtsanwalt, ein IT-Berater, ein Fliesenleger und ein Personal-Trainer. Die insgesamt 31 Unternehmer und eine Unternehmerin aus den unterschiedlichsten Branchen bilden die Wittener Ortsgruppe des „Business Network International“ (BNI), ein internationales Unternehmernetzwerk. Durch gegenseitige Empfehlungen wollen die Mitglieder ihre jeweiligen Firmen lukrativer machen.

Bis zu 20 Prozent mehr Umsatz im ersten Jahr verspricht das aus den USA stammende Konzept den Teilnehmern. Die lokale Wittener Gruppe, „Chapter Nachtigall“ genannt, habe in den letzten zwölf Monaten seinen Mitgliedern insgesamt fast 1,5 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen eingebracht. So steht es auf der Homepage des Netzwerks, das sich vor etwas mehr als einem Jahr gegründet hat.

Mitgliedschaft kostet bis zu 2000 Euro im Jahr

Dafür müssen die Unternehmer aber in Vorkasse gehen. Bei rund 1000 Euro liege der Jahresbeitrag, sagt „Nachtigall“-Mitglied Kay Ostermann von Lobotec. Hinzu kommen eine Anmeldegebühr von 190 Euro sowie 800 Euro im Jahr für das regelmäßige gemeinsame Frühstück, für Events und Ähnliches. Zusammen also um die 2000 Euro jährlich. Dafür erhalten die Unternehmer neben neuen Geschäftskontakten zum Beispiel auch Schulungen und Zugang zum weltweiten BNI-Intranet. „Aber Werbung kostet auch. Man muss einfach schauen, was sich für einen selbst mehr lohnt“, sagt Ostermann.

Kay Ostermann (49), geschäftsführender Gesellschafter der Firma Lobotec aus Witten, ist vom Konzept des Netzwerks BNI überzeugt.
Kay Ostermann (49), geschäftsführender Gesellschafter der Firma Lobotec aus Witten, ist vom Konzept des Netzwerks BNI überzeugt. © FUNKE Foto Services; | Barbara Zabka

Bei den wöchentlichen Treffen hat jeder nur 45 Sekunden Zeit, seine Firma und sein aktuelles Anliegen vorzustellen. Es finden ebenfalls Vier-Augen-Treffen zwischen einzelnen Mitgliedern statt. Empfehlungen und daraus resultierende Aufträge werden dokumentiert und an die Dachorganisation gemeldet. Außerdem darf in jedem „Chapter“, also in jeder Ortsgruppe, jeweils nur ein Vertreter aus einer Branche vertreten sein – damit sich die Mitglieder nicht gegenseitig in die Quere kommen.

Werbung für das eigene Unternehmen in anderen Ortsgruppen

BNI`ler können zudem an den Treffen anderer Ortsgruppen teilnehmen – um die Ecke oder weltweit. Kay Ostermann, dessen Firma Acrylglasprodukte herstellt, nutzt diese Gelegenheit regelmäßig. „So erreiche ich viele Unternehmen auf einmal, die ich sonst alle einzeln abfahren müsste, um meine Firma vorzustellen“, sagt der 49-Jährige. Auch andere Netzwerker sind vom Konzept der gegenseitigen Empfehlungen begeistert.

Jan Finkensiep (Schatzmeister, li.), Richard Piatkowski und Bettina Hartmann, einzige Unternehmerin in der Ortsgruppe „Nachtigall“ des BNI-Netzwerks, beim Treffen zum einjährigen Bestehen der Gruppe Ende Oktober 2019.
Jan Finkensiep (Schatzmeister, li.), Richard Piatkowski und Bettina Hartmann, einzige Unternehmerin in der Ortsgruppe „Nachtigall“ des BNI-Netzwerks, beim Treffen zum einjährigen Bestehen der Gruppe Ende Oktober 2019. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

„Geniale Kontakt und einen enormen Zeitgewinn“ zieht etwa Julian Pier aus der Gruppe. Der Fliesenleger lobt den direkten Draht, den man zu den anderen Mitgliedern habe. Das würde für ihn auch im Alltag vieles erleichtern, weil Absprachen „auf dem kurzen Dienstweg“ erledigt werden können – von Firmenchef zu Firmenchef. Fitnesscoach Jan Danowski hat sich von den anderen BNI’lern vor allem viele Tipps und Tricks für den Start in die Selbstständigkeit geholt. So sei er als Unternehmer gewachsen.

15 neue Kunden in einem Jahr durch Empfehlungen

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Wirklich gerechnet hat sich die Mitgliedschaft für Richard Piatkowski. Rund 15 neue Kunden habe er für seine Kommunikationsagentur „meap“ gewonnen. Der Unternehmer rechnet mit mehr als 100.000 Euro an zusätzlichen Einnahmen. Das erste Jahr stand der 41-Jährige der Gruppe als Direktor vor. Diesen Posten hat er kürzlich abgegeben. Ein Anliegen hat er allerdings noch: „Dauerhaft streben wir ein ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen an.

Netzwerk ist in 70 Ländern aktiv

Das BNI wurde 1985 von einem Unternehmensberater in den USA gegründet. Heute ist das Netzwerk nach eigenen Angaben mit 9.466 Unternehmerteams in 70 Ländern auf allen 5 Kontinenten präsent. 2019 haben 270.000 Unternehmer ein Geschäftsvolumen von 15 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Das „Chapter Nachtigall“ nimmt auch neue Mitglieder auf. Wer sich ein Bild von der Zusammenarbeit machen möchte, kann sich für eines der regelmäßig stattfindenden Frühstücke anmelden unter bni-nrwmitte.de/chapter-nachtigall-witten/de.

Das Gründungsteam sei stark vom Handwerk geprägt gewesen,“ so Piatkowski.. Deshalb wären eher andere Handwerker oder eben männliche Bekannte für die Gruppe angeworben worden. „Jetzt wollen wir anfangen, das Netzwerk aktiver zu bewerben – und auch gezielt Unternehmerinnen ansprechen.“ Damit Immobilienmaklerin Bettina Hartmann nicht mehr lange die einzige Frau in der Herrenrunde am Dienstagmorgen bleibt.

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