Witten. Bei der ersten Demo 2020 stellt „Fridays for Future“ konkrete Forderungen an den Rat. In Witten haben die Demonstranten aber Sympathien eingebüßt.
Die Ortsgruppe der „Fridays for Future“ hat am Freitag (10.01.) um 12 Uhr den ersten Demonstrationszug des Jahres gestartet. Mit ihren letzten Streiks haben sie sich Gehör verschafft und das Klima im Stadtrat auf die politische Agenda gesetzt. Jetzt nutzen sie die mediale Aufmerksamkeit, um konkrete Forderungen zu stellen.
Einiges hat sich in den letzten Monaten geändert. Mit Noura Hammouda und Leander Holtz sind neue Akteure an die Spitze der Wittener Gruppe getreten. Auch ihr Auftritt ist entspannter. Die Sprecher sind vorbereitet und haben aus Fehlern der letzten Demonstrationen gelernt. Der harte Tonfall aber ist geblieben und sie haben konkrete Forderungen.
Klimanotstand, Bauvorhaben und Nahverkehrspläne: Das fordert die Klimabewegung
Im letzten Sommer hatte der Stadtrat entschieden, dass in Witten der Klimanotstand nicht ausgerufen wird. Stattdessen haben die Fraktionen von Grünen, SPD, CDU und das Bürgerforum sich auf einen gemeinsamen Antrag zum Klimaschutz geeinigt. Das reicht der Gruppe aber immer noch nicht. „Wir fordern die Ausrufung des Klimanotstands“, verkündet Vera am Mikrofon, „das hat oberste Priorität.“
Außerdem haben sich die Demonstranten der Initiative „Stockum wehrt sich“ angeschlossen, die sich gegen das geplante Gewerbegebiet am Vöckenberg stellt und stattdessen Naherholungsgebiete fördern möchte.
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Zuletzt fordern sie einen kostenlosen Nahverkehr und die Überarbeitung des neuen Liniennetzes. Die Wege zur Universität und zu Schule hätten sich dramatisch verschlechtert. Aber nicht nur Schüler und Studenten seien die Verlierer. Unter den neuen Fahrplänen würden viele Wittener leiden.
Engagement reicht nicht bis in die politischen Gremien
„Power to the people“ rufen die Demonstranten. Sie fordern mehr Bürgerbeteiligung und fühlen sich von den Politikern nicht gut vertreten. Sozialdezernent Frank Schweppe hat den Sprechern aufmerksam zugehört. Für diese Forderung hat er allerdings kein Verständnis. „Wir haben doch politisch Delegierte von den Schulen. Sie können jederzeit ihre Themen im Kinder- und Jugendparlament einbringen.“
Das Kinder- und Jugendparlament habe in Witten viel Macht. Es müsse bei politischen bei Maßnahmen der Verwaltung und des Rates beteiligt werden. Bisher habe die Gruppe es allerdings versäumt, ihre Forderungen auf diesem und anderen demokratischen Weg einzubringen, meint Schweppe.
Kritik von Bürgern hagelt auf die Demonstranten ein
Die anfängliche Sympathie für die Schüler-Demonstranten ist verschwunden. Einige Wittener können über „Fridays for Future“ nur noch den Kopf schütteln.
Teilnehmer sind älter geworden
Bei der bislang größten „Fridays for Future“-Demo in Witten waren im September 1500 Menschen auf der Straße.
Gestern gingen etwa 70 Teilnehmer mit auf den Protestzug vom Rathaus durch die Bahnhofstraße. Darunter waren etwa 15 bis 20 Jugendliche, der Rest Studenten und Eltern.
„Verdammte Scheiße. Die streiken für eine bessere Zukunft, aber Lösungen haben sie keine“, sagt ein Mann, der ungenannt bleiben möchte. „Ich weiß um die Klimaprobleme“, sagt Rentnerin Hildegard „aber es gibt doch wichtigere Themen.“ Das sieht Noura Hammouda anders. „Wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, fertige Lösungspakete anzubieten. (...) Unsere Forderungen sind klar, jetzt liegt es an Entscheidungsträgern, endlich zu handeln.“