Witten. Das NRW-Verfassungsgericht hat entschieden: Die Stichwahl bei der Bürgermeisterwahl muss bleiben. Was hält die Wittener Politik davon?
Der Verfassungsgerichtshof in Münster hat am Freitag (20.12.) entschieden: Die Stichwahl bei den NRW-Kommunalwahlen durfte von der schwarz-gelben Landesregierung nicht abgeschafft werden. Damit müssen im September 2020 die Bürger ein zweites Mal zur Wahl, sollte es im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit für eine Bürgermeisterin, einen Bürgermeister, einen Landrat oder eine Landrätin geben. Erste Reaktionen zum Münsteraner Urteil von Wittener Parteivertretern.
Obwohl ihr Kabinett in Düsseldorf etwas anderes wollte, fallen selbst die Reaktionen in der Wittener Union positiv aus. „Ich habe mit dem Urteil kein Problem“, sagt der CDU-Ratsherr und stellvertretende Bürgermeister, Lars König. Er wünsche sich für die Kommunalwahl im nächsten Jahr „grundsätzlich eine hohe Wahlbeteiligung“. Sie sei eher gering und bei Stichwahlen noch wesentlich schlechter. König: „Mir würde es wehtun, wenn nicht viele Menschen zur Wahl gehen.“
Wittens CDU-Chef Ulrich Oberste-Padtberg freut sich, dass es mit dem Münsteraner Urteil endlich eine „dauerhafte Klärung“ gibt. „Es kann nicht bei jedem Regierungswechsel ein anderes Verfahren angewandt werden.“ Der Verfassungsgerichtshof habe für „Planungssicherheit“ gesorgt, auch wenn eine Stichwahl für eine Stadt mehr bürokratischen Aufwand bedeute. Oberste-Padtberg: „Das ist dann so.“
Wittener SPD-Stadtverbandsvorsitzender: „Ein guter Tag für die Demokratie in NRW“
Wittens Bürgermeisterin Sonja Leidemann (SPD) betont, dass sie in den vergangenen Jahren mit und ohne Stichwahl Bürgermeisterin geworden sei. Ein zweiter Wahlgang bedeute einen weiteren Aufwand. „Ob deswegen die Legitimation von Kandidaten steigt, da mache ich drei Fragezeichen“, sagt die Bürgermeisterin, die sich anfangs eine Kandidatur für eine vierte Amtszeit mit Blick auf das Urteil noch offengehalten hatte, bevor sie vor wenigen Wochen dann doch ihre Bewerbung bekanntgab.
Die SPD Witten begrüßt das Urteil, die Abschaffung der Stichwahl für verfassungswidrig zu erklären. Dazu der Stadtverbandsvorsitzende Axel Echeverria: „Das ist ein guter Tag für die Demokratie in NRW. Ohne Stichwahl wären Bürgermeisterkandidaten bei mehreren Mitbewerbern womöglich mit 25 Prozent oder weniger ins Rathaus eingezogen.“ Dies sei bei der Stichwahl anders. „Wer gewinnt, hat eine breitere Unterstützung aus der Bevölkerung.“
Die Entscheidung des Gerichtes ist aus Sicht Echeverrias außerdem „eine Klatsche“ für die Landesregierung aus CDU und FDP. Echeverria: „Das einzige Kalkül von Armin Laschet bei der Abschaffung der Stichwahl war, die Chancen von CDU-Bürgermeistern zu erhöhen.“ Die Regierung sei aus parteitaktischen Gründen bereit gewesen, die Landesverfassung zu brechen. Auch das Wittener Grünen-Vorstandsmitglied Joachim Drell begrüßt das Münsteraner Gerichtsurteil. „NRW wäre das einzige Bundesland gewesen, in dem es bei Bürgermeisterwahlen keinen zweiten Wahlgang gegeben hätte.“
Wittener Pirat: „Eine Stichwahl stärkt Gewählten den Rücken“
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Steffen Fröhlich betont, dass seine Partei das Gerichtsurteil akzeptiere. „Wir werden dieses in unsere Planungen zur Kommunalwahl einbeziehen.“ Wichtig sei nur, „dass der Wahltermin nicht gefährdet ist und jetzt Rechtssicherheit herrscht“. Stefan Borggraefe, Ratsherr in Witten und Vorsitzender der Piratenpartei Ennepe-Ruhr, hält das Münsteraner Urteil für „sehr gut“. Wenn es möglich gewesen wäre, dass Bürgermeister oder Landräte nur von 20 Prozent der Wähler legitimiert wären, „dann hätten die Gewählten es sehr schwer gehabt“. Eine Stichwahl, so Borggraefe, stärke Gewählten den Rücken und sorge für mehr Klarheit.
„Das ist ein Erfolg für die Demokratie“, betont auch die Wittener Linke-Fraktionsvorsitzende Ursula Weiß. Nicht zuletzt hätten mit dem Instrument der Stichwahl alle Parteien eine Chance, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren.