Witten. Einige Wittener haben zum Fahrplanwechsel eine Online-Petition gestartet: Sie fordern Verbesserungen beim Nahverkehr, gerade in den Randbezirken.
Mehr als 200 Wittener haben bisher eine Online-Petition unterzeichnet, die sich für eine bessere Nahverkehrsanbindung der Wittener Außenbezirke einsetzt. Besonders die Bewohner der Hölzer engagieren sich dort. Denn sie fühlen sich nach dem Fahrplanwechsel am Sonntag (15.12.) abgehängt.
Nach der Fahrplanumstellung fährt die Bogestra Witten-Vormholz, Durchholz und Kämpen nur noch einmal pro Stunde mit der Linie 375 an. Die Tour des 320ers nach Kämpen wurde mit dem neuen Nahverkehrsplan des EN-Kreises gekappt. Auch in den Abendstunden sowie an Sonn- und Feiertagen wurden Fahrten eingeschränkt. Dafür gibt es mit der 374 eine neue Linie von Vormholz über Heven zur Ruhr-Universität, deren Sinn viele Herbeder aber anzweifeln.
Neuer Takt zu Lasten der Wittener Außenbezirke
„Berufstätige, Schüler und ältere Menschen in den Randgebieten Wittens werden durch die neuen Fahrpläne der Bogestra massiv in ihrer Mobilität eingeschränkt“, sagt die Vormholzerin Petra Liermann, die die Online-Petition über das Portal „open Petition“ gestartet hat.
„Die Stadt Witten, die wie alle anderen Städte ihr Möglichstes tun sollte, um im Rahmen des Umweltschutzes einen Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr zu unterstützen, kommt dieser Verpflichtung nicht nach“, kritisiert Liermann. Dass Busse in der Innenstadt jetzt alle 15 Minuten abfahren würden, „ist zwar schön, geht jedoch zulasten der Außenbezirke“.
Dieses Prinzip – dichterer Takt in der City, dafür Ausdünnung im Randbereich – hat der EN-Kreis im Auftrag der Kreispolitik ausgetüfelt. Bogestra und VER setzen diese Vorgaben nun um. Vorausgegangen waren Fahrgastzählungen. Denn mehr kosten dürfe der neue Nahverkehrsplan nicht – auch dies war eine Auflage der Politik. Ein Beispiel für Kostenersparnis ist die 379. Die Linie etwa fährt samstagabends und sonntags nicht mehr nach Durchholz und endet in Bommern, weil die die Nachfrage zu gering gewesen sei, so Jürgen Tannenfels, Verkehrsplaner beim EN-Kreis.
Ohne Busanbindung am Wohnort isoliert
Die Eltern von Birgit Röhl (86 und 93 Jahre alt) fahren regelmäßig mit der 379. Sie wohnen zwischen der Bommeraner Heide und dem Durchholzer Platz. Am Wochenende entfällt dort der Linienverkehr komplett, in der Woche ab 20 Uhr. „Sie sind in dieser Zeit in ihrem Wohnort isoliert“, sagt die Tochter.
Gerade angesichts der Situation von älteren Bürgern oder Menschen mit körperlicher Einschränkung müsse die Bogestra „ihrer sozialen und ökologischen Verpflichtungen als Unternehmen des öffentlichen Dienstes nachkommen und den Fahrplan anpassen“, sagt Birgit Röhl. Sie hat einen Beschwerdebrief an die Vorstände der Bogestra geschrieben. Die Antwort sei aber „allgemein gefasst und nichtssagend“ erfolgt. „Klar war nur die Message: Es interessiert uns nicht.“
Schüler warten fast eine Stunde auf Anschlussbus
Petra Liermann, die die Online-Petition gestartet hat, liegt besonders die Situation der Schüler am Herzen, die aus den Hölzern in die Wittener Innenstadt pendeln. „Schüler müssen in Heven Dorf auf der Straße bis zu 58 Minuten warten“, schreibt sie. „Ein Umsteigen in Anschlussbusse ist in zwei Minuten einfach unmöglich.“ Die Schüler müssen von der Straßenbahnendstation zur Haltestelle an der Kleinherbeder Straße laufen und dort warten – auf einer Straße ohne Bürgersteig. „Das ist gemeingefährlich.“
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Laut Kreisverkehrsplaner Jürgen Tannenfels hat seine Abteilung nach der Fahrplanumstellung besonders die Hardenstein-Gesamtschule im Blick. „Wir beobachten zurzeit, ob man dort durch Einsatzwagen nachsteuern müsste.“ Bislang seien die Stadt Witten und die Bogestra aber noch nicht mit Besserungswünschen auf die Kreisverwaltung zugekommen.
Letztlich, so Tannenfels, sei ein Nahverkehrsplan das Ergebnis politischer Diskussion. „Wie ist Daseinsvorsorge definiert? Darf ein Linienbus noch fahren, auch wenn er nur mit vier Fahrgästen besetzt ist? Oder müssen es, damit es sich rechnet, 14 sein?“