Witten. Das Wittener Festival Kulturschock war ein voller Erfolg. Leer stehende Ladenlokale wurden zu Treffpunkten von Künstlern und ihren Gästen.

Nieselregen tauchte die Innenstadt in ein müdes Grau. Nur wenige Menschen zieht es am Samstag in die Innenstadt. Sie eilen über die nasse Bahnhofstraße, weichen den Pfützen aus. Die liebevoll dekorierten und hell erleuchteten Schaufenster der City-Passage auf der unteren Bahnhofstraße ziehen aber neugierige Blicke auf sich. Denn die sonst leeren Ladenlokale sind an diesem Tag Kulturräume.


Kulturschock heißt das Festival, an dem sich am Samstag auf der unteren Bahnhofstraße über 40 Künstler beteiligten, die in der City-Passage Malerei, Fotografien, Skulpturen ausstellten oder den Gästen den Tag mit Musik versüßen wollten. Für die Beleuchtung mussten einige Künstler notdürftig Stromkabel mit Klebebändern und Kabelbindern an der Decke befestigen. Drei Wochen lang haben Künstlerin Angela Holtermann-Stumpf, die bei Wittenern vor allem für ihr Gute-Laune-Haus im Ledderken bekannt ist, und Fotograf und Bodypainter Norbert Dähn an der Gestaltung ihrer Galerie in der City-Passage gearbeitet.

Wild gesprenkelte Frösche und Vögel aus Beton

An der Decke glänzen Kronleuchter, wild gesprenkelte Frösche und Vögel aus Beton stehen in der Mitte des Raumes. Ein roter Faden spannt sich an der Decke kreuz und quer durch den Raum. Er verbindet die Fotografien, die an den Wänden hängen. Von der Decke baumeln goldene Sonnenbrillen. Mit Einfallsreichtum und Liebe zum Detail zeigen sie, wie Kunst Spaß machen kann und ein Lächeln auf das Gesicht zaubert.

Die Wittener Künstlerin Angela Holtermann-Stumpf, die es gerne bunt mag, und Fotograf und Bodypainter Norbert Dähn. Auch sie präsentierten ihre Kunst auf dem Kulturschock-Festival.
Die Wittener Künstlerin Angela Holtermann-Stumpf, die es gerne bunt mag, und Fotograf und Bodypainter Norbert Dähn. Auch sie präsentierten ihre Kunst auf dem Kulturschock-Festival. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann


Dass Kunst aber auch bittere Realität abbilden kann, zeigt die Ausstellung „Mein Wegzeichen“. An den kahlen Wänden hängen Porträts von Menschen, die ihre persönliche Migrationsgeschichte erzählen. Sie sind an diesem Tag offen für Gespräche mit den Besuchern. Das sonst leere Ladenlokal ist zu einem Begegnungsort geworden. „Ich habe mich mit Leuten unterhalten, deren Sprache ich nicht sprechen kann”, erzählt Student Robert. Der hinzufügt: „Die Kunst verbindet uns aber auf einer anderen Ebene.“ So kommt es auch dazu, dass Menschen mit Anzug und Jogginghosen, Gummistiefeln und High Heels miteinander ins Gespräch kommen, während sie genüsslich Sekt und Cola trinken.

Künstler Choko lud zum Graffiti-Workshop

Auch die Jüngsten lernen, was Kunst ausmacht. Der Graffiti-Künstler Choko zeigt Kindern und Jugendlichen in seinem Graffiti-Workshop, wie sie Leinwände mit einfachen Tricksselber ansprühen können. Mit Mundschutz und Malerkittel bewaffnet. können auch sie zeigen, was sie drauf haben.

„Wahnsinn, das habe ich noch nie gemacht”, freut sich der zwölfjährige Finn. Sein Bild trägt einen großen Schriftzug „Witten“ und muss nur noch trocknen. Dann kann Finn es mit nach Hause nehmen.

Mamadou trommelte am Samstag vor dem Unikat-Club auf der unteren Bahnhofstraße, der sich auch am Kulturschock beteiligte.
Mamadou trommelte am Samstag vor dem Unikat-Club auf der unteren Bahnhofstraße, der sich auch am Kulturschock beteiligte. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann


Beim Improvisationstheater im Raum-Café im Wiesenviertel schlüpfen fünf Schauspieler in die Rollen von Personen, die das Publikum vorgibt. Es gibt keinen Text, die gesamte Vorstellung entsteht durch die Einwürfe der Zuschauer. Der Saal ist hell erleuchtet und die Besucher machen es sich auf den großen Ledersofas und alten Sesseln gemütlich. Es wird geweint, gelacht und sich in die Arme genommen.

Ob leise oder laut, in Schwarz-Weiß oder ganz bunt: Der Kulturschock am Samstag hat zeigt, wie vielfältig Kunst sein kann. Organisator Martin Strautz strahlt bis über beide Ohren. „Das war ein voller Erfolg. Es sind viel mehr Menschen gekommen, als wir dachten.“