WitTEN. . Eine eintägige Ausstellung im Haus Witten stellte 16 Biografien von Frauen und Männern mit ausländischen Wurzeln vor. Und rührte an.

Der Konzertsaal im Haus Witten ist voll. Rund 250 Besucher sind gekommen, um Menschen kennenzulernen, die im Ausland geboren wurden und heute in Deutschland leben. Die Ausstellung für einen Tag stellte am Sonntag die Migrationsgeschichten von 16 Frauen und Männer vor – von denen sieben in Witten leben.

Geplant und organisiert wurde „Mein Wegzeichen“ von Carlotta Drees, ehemalige Praktikantin beim DRK Witten, und Nils Sieper, der beim Stadtarchiv derzeit sein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Zusammengetragen haben sie spannende Biografien von Menschen aus verschiedenen Ländern. Eine erzählt von Georgi aus Georgien, der während des Bürgerkrieges nach Russland flüchtete und dort mit täglichem Rassismus konfrontiert wurde. Sein Weg führte schließlich nach Witten, sein „Wegzeichen“ sind Boxhandschuhe. Denn Georgi wurde Boxtrainer.

Familienmitglieder starben im Mittelmeer

Eine Besucherin vor dem Foto der gebürtigen Russin Regina Zimmer. Die Studentin lebt in Witten.
Eine Besucherin vor dem Foto der gebürtigen Russin Regina Zimmer. Die Studentin lebt in Witten.

Auch Mostafa und Khalil Jarto aus Afrin in Syrien sind ins Haus Witten gekommen. Mostafa, der Sohn, erzählt seine Geschichte, bei der vielen Zuhörern die Tränen in den Augen stehen. Die Flucht aus dem umkämpften Aleppo 2012 zuerst nach Istanbul. Dort hat Mostafa mit seinen kleinen Brüdern – selbst erst 16 Jahre alt – jeden Tag zwölf Stunden in einer Textilfabrik gearbeitet. 2015 bestieg die Familie ein Boot, das sie über das Mittelmeer brachte. Obwohl Mostafas Mutter bereits zwei Familienangehörige auf dieser Flucht an das Wasser verloren hatte.

Mostafa ist zwei Jahre in Witten und besucht hier das Berufskolleg. „Ich bin allen Leuten so dankbar, die mir geholfen haben und die ich kennenlernen durfte“, sagt er. „Ich kann nicht beschreiben, wie glücklich ich hier bin.“

„Warum sind Eure Herzen so verschlossen?“

Shahida  Perveen-Hannesen (li.) kam auch zur Ausstellung ins Haus Witten und stellte Fragen, die zum Nachdenken Anlass gaben. Foto: Barbara Zabka / FUNKE Foto Services
Shahida Perveen-Hannesen (li.) kam auch zur Ausstellung ins Haus Witten und stellte Fragen, die zum Nachdenken Anlass gaben. Foto: Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Shahida Perveen-Hannesen kam vor 40 Jahren zum Studium nach Deutschland. Die deutsche Botschaft in Pakistan, in der sie ihr Studentenvisum beantragte, ist heute eine Ruine. „Warum spenden wir Geld für Afrika und Asien, aber die Menschen wollt Ihr nicht in Eurem Wohnzimmer haben. Warum sind Eure Herzen so verschlossen?“, fragt sie die Besucher der Ausstellung. Alle dort portraitierten Menschen sind am Sonntag auch persönlich ins Haus Witten gekommen. Auch Pastora La Toya Pazdera. Ihre Eltern haben auf den Philippinen Land verkauft, damit die Tochter in Deutschland die Ausbildung zur Hebamme machen konnte. In Bottrop, Hattingen und Essen half sie Tausenden von Kindern auf die Welt.

Die Organisatoren der Ausstellung, Nils Sieper und Carlotta Drees, betonen, dass sie persönliche Geschichten erzählen wollten. Und jede Geschichte begleitet ein persönliches „Wegzeichen“ – ein Rosenkranz, ein paar Socken oder das Familienfoto, aufgenommen kurz vor der Flucht. Diese Ausstellung sei auch etwas für den Düsseldorfer Landtag, findet die SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Nadja Büteführ aus Herdecke. Der Wittener Help Kiosk kündigt an, dass man die zusammengetragenen Geschichten um weitere Portraits erweitern und diese auch ausstellen möchte.

>>> DAS BUNDESPROGRAMM „DEMOKRATIE LEBEN“

Das Stadtarchiv und das DRK sind seit Jahren in der Initiative „Demokratie leben“ vernetzt und wollen mit der Ausstellung im Haus Witten ein Zeichen gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit setzen.

„Demokratie leben!“ ist ein Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Initiativen, Vereine und Bürger machen mit.