Witten. Der bei einem SEK-Einsatz in Witten verletzte 46-Jährige ist ein vierfacher Familienvater. Er soll seit Jahren durch Gebrüll aufgefallen sein.

Der 46-Jährige, der am Montagabend (7.10.) in der Schlachthofstraße stundenlang Polizei und Spezialkräfte in Atem gehalten hat, ist ein vierfacher Familienvater. Der Mann wird noch wegen einer von der Polizei verursachten Schussverletzung im Schulterbereich im Marien-Hospital behandelt. Polizeisprecher Volker Schütte: „Er hatte Polizeibeamte im Flur seines Hauses mit einer Waffe bedroht.“ Sobald der Wittener gesundheitlich dazu in der Lage sei, werde er vernommen.

Wie Nachbarn unserer Redaktion sagten, sei der Mann am Montagabend betrunken und alleine zuhause gewesen. Seine Frau und die Kinder, darunter ein Baby, waren nicht daheim. Der Mann soll seit Jahren immer wieder getrunken haben und danach laut geworden sein. Gegen seine Familie sei er aber nicht aggressiv geworden, so der Eindruck der Nachbarn. Bei ihnen habe er sich nach einem lautstarken Verhalten entschuldigt. In normalen Zeiten sei er ein ruhiger Mensch, der seine Familie liebe.

„Da braucht man keinen Tatort zu gucken. Das war eine gruselige Angelegenheit“

Der 46-Jährige soll seinen Bruder pflegen, der psychisch erkrankt ist. Vor Kurzem soll er in Albanien gewesen sein, wo ein Familienmitglied krank oder verstorben sei, heißt es. Der polizeibekannte 46-Jährige, der in der Schlachthofstraße wohnt, hatte am Montagabend mit einer Pistole in der Hand am offenen Fenster seiner Wohnung gestanden und gebrüllt, dass er nicht mehr leben wolle.

In den sozialen Netzwerken brodelte während des Polizeieinsatzes die Gerüchteküche. So war unter anderem auf Facebook davon die Rede, dass ein Bewaffneter sich auf dem Dach des Marien-Hospitals versteckt habe. Polizeisprecher Volker Schütte: „So etwas kann man gar nicht gebrauchen, dass die Leute sich gegenseitig verunsichern.“ Frank R. hat das komplette Geschehen miterlebt, da seine Freundin an der Ardeystraße wohnt, direkt gegenüber vom Einsatzort. „Da braucht man keinen Tatort zu gucken. Das war wirklich eine gruselige Angelegenheit“, sagt er.

„In der Gegend ist er bekannt, weil er immer sehr cholerisch herumschreit“

Als das Paar nach einem Krankenhausbesuch gegen 18.30 Uhr an dem Haus in der Schlachthofstraße vorbeikam, stand der Familienvater bereits am geöffneten Fenster. „In der Gegend ist er bekannt, weil er immer sehr cholerisch herumschreit.“ Diesmal habe er „Erschießt mich doch!“ gerufen, berichtet Frank R.. Der ganzen Sache habe er zunächst keine Bedeutung beigemessen. „Aber als er um 19 Uhr immer noch geschrien hat, hab ich aus dem Fenster geguckt. Und da war alles voller Polizei.“

Die Wohnungstür des 46-Jährigen ist mit einem amtlichen Siegel verschlossen worden.
Die Wohnungstür des 46-Jährigen ist mit einem amtlichen Siegel verschlossen worden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Frank R. beobachtete, wie kurz vor 21 Uhr sechs SEK-Beamte das Haus betraten, in dem der 46-Jährige lebt. Auch, wie im Haus das Licht ausging und dann gespenstische Ruhe herrschte. „Plötzlich wurde es fürchterlich laut.“ Es habe geblitzt und es fiel ein Schuss. Frank R.: „Das Geräusch ging mir durch Mark und Bein.“

„Plötzlich war die ganze Ardeystraße voller Blaulicht“

Auch die Mitarbeiter des Boni-Getränkemarktes waren nah dran am Geschehen. „Wir haben bis in den Laden hinein laute ausländische Stimmen gehört“, sagt ein Angestellter. „Plötzlich war die ganze Ardeystraße voller Blaulicht. RTW, Feuerwehr, Polizei.“ Eine Polizistin sei die Schlachthofstraße entlanggelaufen und habe Passanten etwas zurückgerufen. Das Boni Center blieb bis 22 Uhr geöffnet. Kunden kamen nur wenige. Die „Stammkunden aus dem Lutherpark“ seien aber trotz der Straßensperrungen im Getränkemarkt aufgetaucht, so der Angestellte.

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Christine Gallhoff, die mit ihrem Sohn in der Schlachthofstraße direkt bei der Zufahrt zum Boni-Parkplatz wohnt, war auf die Gefahrenlage durch die polizeilichen Absperrungen aufmerksam geworden. „Ich habe auf eine Getränkelieferung gewartet und aus dem Küchenfenster gesehen.“ Zunächst habe ein Polizeiwagen die Zufahrt von der Pferdebachstraße aus gesperrt, dann sei von ihrem Haus aus der Rest der Schlachthofstraße gesperrt worden.

Polizist sagte Anwohnerin, sie solle sofort ins Haus gehen

Die 51-Jährige hatte ihr Auto noch vom Boni-Parkplatz geholt und es in der Schlachthofstraße geparkt. „Da fragte mich ein Polizist, was ich denn da mache. Ich solle sofort ins Haus gehen.“ Eine Nachbarin, die wissen wollte, was denn los sei, habe zur Antwort bekommen, dass man ihr das nicht sagen könne. Der 15-jährige Sohn von Christine Gallhoff wurde per Handy von einer Mitschülerin, die auf der Ardeystraße lebt, falsch informiert. „Sie schrieb ihm, dass sich ein bewaffneter Mann am Marien-Hospital aufhalte.“

Gegen 20.30 Uhr sah die Pflegeberaterin dann vermummte Einsatzkräfte. „Sie liefen durch die Schlachthofstraße in Richtung Ardeystraße. Irgendwann war dann ein Riesengeschrei zu hören.“ Dann sei Ruhe eingekehrt. Gallhoff betont: „Ich habe keine Angst gehabt und mich immer sicher gefühlt.“