Witten. Die Pestalozzischule ist überfüllt. Dass Förderschulen wieder mehr Interesse bei Eltern wecken, bereitet Wittens Schuldezernent Kopfzerbrechen.
Die Pestalozzischule platzt aus allen Nähten. 40 Kinder mehr als im vergangenen Schuljahr besuchen nun wie berichtet die Förderschule. Schuldezernent Frank Schweppe würde gerne helfen, sagt aber ebenso klipp und klar: „Die müssen damit jetzt zurechtkommen.“ Schließlich könne man nicht mal so eben ein neues Gebäude aus dem Boden stampfen.
232 statt 192 Kinder, erstmals eine dritte sechste Klasse, zu wenig Lehrer und natürlich Raumnot – Rektorin Michaela Lohrmann hat an allen Fronten zu kämpfen. Immerhin, sagt sie, habe der Schulträger zum Schulstart als Unterstützung einen Lkw mit Möbeln aus der Overbergschule angeliefert. „Wir haben damals im Zuge der bevorstehenden Inklusion viel Geld in die Pestalozzischule gesteckt, um sie baulich erhalten zu können“, sagt Schuldezernent Frank Schweppe und lobt: „Die machen da einen guten Job.“
Abschaffung der Orientierungsstufe: Stadt Witten will um Verlängerung der Frist bitten
Dass Eltern nun offenbar auch wieder mehr Vertrauen in die Förderschule fassen, sei nicht absehbar gewesen – wie so viele Faktoren, die das Schuldezernat bei den Planungen nicht steuern könne, so der Erste Beigeordnete. Dass die Pestalozzischule nun auch noch die bis dahin von der Bezirksregierung durch eine Sondergenehmigung akzeptierte Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 für Kinder mit sozialem und emotionalem Förderbedarf abschaffen muss, „erwischt uns kalt“.
In Witten gibt es zwei Förderschulen
Bereits vor dem zweiten Weltkrieg existierte eine Pestalozzischule als „Hilfsschule“ an der Hauptstraße. 1960 wurde das Gebäude am Beek bezogen. 1976 wurde sie erweitert.
Die Kämpenschule ist die zweite Förderschule in Witten. Ihr Förderschwerpunkt ist die geistige Entwicklung. Seit Schuljahresbeginn ist sie wegen Brandschutzarbeiten nach Wetter ausgelagert.
Bis zum Schuljahr 2021/22 habe die Stadt Zeit, eine Lösung zu finden, sagt Schweppe. Schließlich müsse ein Platz für die Kinder gefunden werden, wenn es diese Orientierungsstufe nicht mehr gibt. Er will nun um eine Verlängerung der Frist bitten und die Zeit für eine Lösungssuche nutzen. So wolle man etwa mit dem Verfasser des gerade erschienenen Bildungsreports 2019 für den Ennepe-Ruhr-Kreis die Situation durchleuchten. Dass es schwierig wird, weiß Schweppe jetzt schon.
„Keine Kinder mehr aus den Nachbarstädten aufzunehmen, ist nicht akzeptabel“
Denn Förderschulen in Wetter, Herdecke und Hattingen, mit denen man „vertraglich verbandelt“ war und auf die man hätte ausweichen können, gebe es inzwischen nicht mehr. Die zweite öffentliche Förderschule des EN-Kreises befinde sich in Gevelsberg – zu weit weg. Nur Wittener Kinder, die aktuell noch die Mehrzahl in der Pestalozzischule bilden, und keine Schüler mehr aus Nachbarstädten aufzunehmen, halte er auch nicht für akzeptabel.
Ideal, so Schweppe, wäre ein neuer Standort im Nordkreis mit Nutzung eines bereits vorhandenen Gebäudes. „In Witten gibt es sowas aber nicht“, betont er. Auch eine Erweiterung der Pestalozzischule schließt er aus. Zu viele andere Baustellen im schulischen Bereich hat die Stadt gerade und in Zukunft zu stemmen.
Ob er angesichts des neuerlichen Wachsens der Förderschulen die Inklusion für gescheitert hält, will der Schuldezernent so nicht bestätigen. „Das wäre ein zu hartes Urteil.“ Schließlich habe man nicht schon „Jahrzehnte Routine damit“. Aber, sagt er, „es ist immer noch nicht normal, verschieden zu sein“.