In Wittens polnischer Partnerstadt Tczew beschweren sich Bürger über ein deutsches Straßenschild. Nun reagiert der Wittener Freundschaftsverein.

Die Diskussion um ein Straßenschild erhitzt derzeit die Gemüter – allerdings nicht in Witten, sondern in der polnischen Partnerstadt Tczew. Dort berichtete die Tageszeitung „Dziennik Baltycki“ mehrfach darüber, dass sich Bürger über die deutschen Schilder „Dirschauer Straße“ in ihrer Stadt beschweren. Der hiesige Freundschaftsverein Tczew-Witten reagiert umgehend – und möchte nun als symbolische Geste ein polnisches Schild mit demselben Straßennamen in Annen anbringen lassen.

„Ulica Tczewska“ würde dann auf dem Schild in Witten zu lesen sein. Denn „Dirschau“ ist der deutsche Name für die polnische Stadt Tczew. Stehen soll es natürlich in Wittens beschaulicher Dirschauer Straße, die zwischen der Dortmunder Straße und dem Uni-Gelände liegt. „Deren Straßennamen ändern will aber keiner“, sagt Peter Liedtke, Vorsitzender des Freundschaftsvereins. Er hatte über einen Bekannten Wind von der Sache in Polen bekommen und sah sich angesichts des sensiblen historischen Hintergrunds bemüßigt, zu handeln.

Polnische Stadt Tczew hieß im Zweiten Weltkrieg offiziell Dirschau

Die 1260 gegründete Stadt Tczew hieß während der Zeit der „polnischen Teilungen“ Ende des 18. Jahrhunderts unter den Nachbarmächten Russland, Preußen und Österreich sowie während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg offiziell Dirschau. Das Schild „Dirschauer Straße“ wurde 1967 in Witten aufgestellt. Es soll daran erinnern, dass Deutsche im Krieg ihre Heimat verloren haben, so Liedtke. An die Polen im Widerstand gegen Hitler erinnere dagegen bis heute nichts in Witten.

Will polnisches Straßenschild in Witten aufstellen: Peter Liedtke, Vorsitzender des Freundschaftsvereins Tczew-Witten.
Will polnisches Straßenschild in Witten aufstellen: Peter Liedtke, Vorsitzender des Freundschaftsvereins Tczew-Witten. © WAZ | Horst Müller

Dass die „Dirschauer Straße“ nun auch im Stadtbild Tczews zu finden ist, hat einen einfachen Grund. Dort werden Schilder mit diesem Straßennamen als eine Art Erinnerung an die deutsche Geschichte der Stadt gesammelt. Drei gibt es dort schon. Eines stammt aus Bremen, zwei aus Berlin. Sie wurden vor etwa drei Jahren aufgestellt. „Und die ganze Zeit hat das keinen interessiert“, sagt Peter Liedtke. Er vermutet, dass das plötzliche Interesse einiger Bürger politische Gründe hat und mit der anstehenden Parlamentswahl zu tun haben könnte.

Stadt Witten sendet positive Signale zu polnischem Schild

Für ihn war das ein Anlass, sich in dieser Angelegenheit zu positionieren. Denn 2020 wird der Vertrag über die Städtefreundschaft zwischen Witten und Tczew seit 30 Jahren bestehen. Der Vereinsvorsitzende fragt: „Wäre es da nicht angemessen, wenn Witten ein öffentliches Zeichen für die freundschaftliche Verbundenheit mit der Stadt Tczew setzen würde? Ein Zeichen dafür, dass die Politik in Witten nicht rückwärtsgewandt denkt?“

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, spräche nichts gegen diese Idee. Auch die Stadt Witten sendet positive Signale, wenn es tatsächlich nur um ein zusätzliches historisches Erklärschild unter dem bestehenden Straßennamen gehe. Ähnliches gibt es bereits an Husemannstraße, Rosenthalring und Bergerstraße.

Freundschaft währt fast 30 Jahre

Erstmals reisten Wittener Bürger 1975 nach Tczew. Aufgrund der fortbestehenden guten Kontakte schlossen die beiden Städte bereits 1990 einen Freundschaftsvertrag, im Jahr 1998 folgte dann der Partnerschaftsvertrag.

Am 14. Mai 1998 gründeten in Witten 19 Bürgerinnen und Bürger den Freundschaftsverein Tczew-Witten. Außer der Dirschauer Straße als Straßennamen einer Partnerstadt gibt es noch den Mallnitzer Weg auf dem Schnee und den Lev-Hasharon-Platz in der Innenstadt.

Peter Liedtke hat bereits mit Anwohnern der Dirschauer Straße über sein Vorhaben gesprochen. Er ist von Tür zu Tür gegangen, um Unterschriften zu sammeln. „Die Resonanz war erstaunlich positiv.“ Am Dienstag (27.8.) wird der Freundschaftsverein deshalb in seiner Vorstandssitzung einen Bürgerantrag formulieren und an die Stadt schicken. Sie berät dann in den entsprechenden Gremien darüber. Liedtke hofft, dass bis zum Städtepartnerschaftsjubiläum im nächsten Jahr entschieden wird. Er fährt bereits im Oktober wieder nach Tczew. „Dann könnte ich ja schon mal ein solches Schild mitbringen.“