Witten. Der Bund hat sich mit der Not der Städte befasst. Danach sieht Wittens Kämmerer tatsächlich einen Durchbruch bei der geforderten Entschuldung.
Der Bierdeckel ist offenbar bei der Politik angekommen. Mit der Aktion „Wer bestellt, bezahlt!“ wollte das Bündnis „Für die Würde unserer Städte“ Druck auf Bund und Land machen, bevor das Bundeskabinett sich am Mittwoch (10.7.) mit den armen, hochverschuldeten Städten befasste. Wittens Kämmerer Matthias Kleinschmidt spricht danach von einem „Durchbruch“.
Das Bündnis von 70 deutschen Kommunen in Not, darunter Witten und Nachbargemeinden wie Hattingen, fordert gerade eine Lösung des Altschuldenproblems. Allein Witten steht mit rund 350 Millionen Euro in der Kreide. Ob es nun in den Genuss von Bundes- und Landesmitteln kommt, die nach ersten Informationen den 2000 ärmsten Kommunen zugute kommen sollen, ist offiziell zwar noch nicht bestätigt. Der Kämmerer geht aber davon aus, dass Witten dabei ist – bei 3500 Euro Kassenkrediten pro Kopf.
Kleinschmidt: Bund will tatsächlich die Ursachen für unseren Schuldenberg bekämpfen
Kleinschmidt hält es schon für einen Durchbruch, dass die Bundesregierung erstmals „anerkannt hat, dass es auch ein Problem des Bundes ist und nicht die Kommunen für den Schuldenberg alleine verantwortlich sind“. Für „ganz wesentlich“ hält er es, dass der Bund nun tatsächlich die Ursachen bekämpfen wolle. „Die Schere zwischen Ausgaben wie in der Sozial- oder Jugendhilfe und den Einnahmen muss wieder geschlossen werden“, sagt der Wittener Finanzchef. Jetzt müsse es an die Umsetzung gehen. Kleinschmidt freut sich, dass die Kommunen an den Verhandlungen direkt beteiligt werden sollen.
„Wenn man uns die Kredite vollständig abnehmen würde, sparen wir rund zwei Millionen Euro Zinsen“, sagt der Kämmerer. „Das wäre zwar ein Wort. Aber wenn nicht auch die Ursachen für unsere Schulden wirklich bekämpft werden, dann holt uns das schnell wieder ein“, so Kleinschmidt.
Altschuldenhilfe und Entlastung von Kosten im Sozialen müssten Hand in Hand gehen
Als Beispiel nennt er den Jugendetat unter anderem mit unter anderem Kitas, OGS, Pflegekindern und Heimunterbringung. Allein dieser habe einen Zuschussbedarf von 40 Millionen Euro. Bei Kostensteigerungen von 2,5 Prozent würden das schnell wieder Mehraufwendungen von 1,5 Millionen Euro pro Jahr bedeuten. Kleinschmidt: „Der Entschuldungseffekt wäre dann nach zwei Jahren aufgefressen.“ Deshalb müssten Altschuldenhilfe und die dauerhafte Entlastung von Kosten gerade im Sozialen Hand in Hand gehen.
Bürgermeisterin: Keine neuen Schulden mehr aufnehmen, wenn die uns aufgebürdeten abgetragen werden
Im Vorfeld hatten Bundes- und Landtagsabgeordnete per Post einen Bierdeckel mit der Aufschrift „Auch für die Politik gilt ein Reinheitsgebot: Wer bestellt, bezahlt!“ bekommen. Der Bierdeckel sollte den geforderten Altschuldenfonds symbolisieren. Wittens Bürgermeisterin Sonja Leidemann und ihr Kämmerer hatten sich der Aktion angeschlossen. „Wer darauf wartet, dass diejenigen, die bestellt haben, endlich die Zeche bezahlen, ist kein Bittsteller“, sagte Kleinschmidt. Die Bürgermeisterin versprach: „Wenn die aufgebürdeten Schulden langfristig abgetragen werden, ist für uns völlig klar, dass wir Kommunen künftig keine neuen Schulden aufnehmen dürfen.“