Witten. . Die Wittener Fotografin Ellen Loke stellt bei der „Revierkunst“ aus. Ihre Bilder zeigen erotische Frauenkörper, die auch mal im Müll liegen.
Es ist das Kultur-Event schlechthin im Ruhrgebiet: Bei der „Revierkunst“ auf Zeche Ewald in Herten stellen Künstler aus der Region drei Tage lang gemeinsam ihre Arbeiten aus. Fünf der insgesamt 73 Teilnehmer kommen in diesem Jahr aus Witten. Eine von ihnen ist die Ellen Loke, die ihre Aktfotografie präsentiert – sinnlich, erotisch und sehr überraschend.
Eine junge Frau liegt auf einem Stapel verrottendem Altpapier, nackt, schutzlos zusammengekauert – vielleicht eines ihrer berührendsten Bilder. „Diese Verletzlichkeit, dieses Zarte ist es, das mich fasziniert“, sagt Ellen Loke. Gleichzeitig sei das Müll-Bild aber auch eine Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft, „und letztlich auch mit meinem Alter“, so die 51-Jährige.
„Die schöne Form der Depression ist doch die Melancholie“
Laute, knallige Farben sind nicht ihr Ding. Nicht bei den Akten und auch nicht in der Landschaftsfotografie. Düster könnte man die Bilder nennen. Depressiv? „Nein, ich bin nicht depressiv“, versichert die Fotografin mit strahlenden Augen. „Aber die schöne Form der Depression ist doch die Melancholie, oder nicht?“
Zur Kamera ist sie eher zufällig gekommen. Nach dem Trennung von ihrem Mann – ebenfalls ein ausgezeichneter Fotograf – fehlte der Diplom-Pädagogin jemand für die Familienfotos. Sie versuchte es selbst, nahm Kurse bei WAZ-Mitarbeiterin Barbara Zabka, versuchte und experimentierte viel und geriet schließlich an ihr erstes Model – und zwar durch ihren Job im Jugendamt. Eine junge Kollegin wollte gerne erotische Fotos von sich. So fing es an.
„Es reizt mich, die Linienführung der Frauenkörper zu erkunden“
Seitdem hat Ellen Loke Witten, Köln und Frankreich ausgestellt, hat unzählige Frauen fotografiert. Sie liegen auf einem Efeubett im Wald, treiben wie leblos im Wasser, kuscheln zu zweit verschlugen auf dem Boden. Warum keine Männer? „Ich finde Frauen ästhetisch schöner, es reizt mich, die Linienführung ihres Körpers zu erkunden.“ Einmal habe ein Mann gebeten, ihn sinnlich zu fotografieren. „Den hab ich dann angezogen in ein Bachbett gesetzt“, sagt die Wittenerin schmunzelnd.
Extraschicht am Samstag
Die 8. Revierkunst auf Zeche Ewald, Werner-Heisenberg-Straße in Herten läuft von Freitag, 28. Juni bis Sonntag 30. Juni. Am Freitag und Sonntag ist der Eintritt frei, am Samstag muss eine Eintrittskarte gekauft werden, denn dann läuft gleichzeitig die Extraschicht.
Die Zeiten: Fr 12-22, Sa 12-24 und So 10-19 Uhr. Sa ab 18 Uhr kostenpflichtig.
Jugendamtsmitarbeiterin, Künstlerin, Mutter, Fotografin: Als was sieht Ellen Loke sich eher? „Ach, ich bin einfach Ellen. Ich trage meine Gefühle mit den Bildern nach außen.“ Die Fotografie sei ein Ausgleich, etwas, das ihr gut tue. „Die Kamera muss machen, was ich will. Am Auslöser bin ich der Diktator.“
„Ich will einfach nur zeigen, was ich gemacht habe“
Um so mehr ist die Wittenerin stolz darauf, bei der Revierkunst dabei sein zu dürfen.“ Ich habe mich kurz vor Schluss beworben, da war eigentlich schon alles voll“, erzählt sie. Aber ihre Arbeiten hätten Organisatorin Sonja Henseler so gut gefallen, dass sie doch noch ein Plätzchen freiräumte. Fünf Bilder von Ellen Loke werden zu sehen sein. „Ich bin total aufgeregt“, gibt sie zu. Erwartungen habe sie keine. „Ich will einfach nur zeigen, was ich gemacht habe.“
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Mehr Fotos auf https://www.ellen-loke-photography.de/
>>>AUCH DIESE VIER WITTENER SIND BEI DER REVIERKUNST DABEI
Sigrid Drübbisch ist nicht nur ein bekannter Name in der Wittener Kunstszene, sondern auch eine Freundin von Ellen Loke.
Die Autorin und Malerin, die derzeit auch die Ausstellung „Ruhr(er)leben“ im Zollhaus Herbede hat, zeigt bei der Revierkunst Arbeiten auf Acrylglas. Ihre farbigen, abstrakten Bilder werden auf Zeche Ewald an einer Fensterfront hängen, was dem Raum einen fast schon sakralen Charakter gibt. Der Großteil der Werke sind extra für die dreitägige Ausstellung entstanden, darunter auch Objekte mit mehreren Glasscheiben. Eigentlich wollte die 65-Jährige Metallarbeiten zeigen, „aber dann hat Organisatorin Sonja Henseler meine Glasbilder gesehen.“
Mystisch anmutende, großformatige Bilder stellt Jonas Heinevetter in Herten aus. Der 40-Jährige betreibt in Annen die Galerie Himmelstropfen, die zugleich auch sein Atelier ist. Seine gut zwei Meter großen Arbeiten sind in Mischtechnik gefertigt, Öl und Acryl nutzt er ebenso wie Sand und Wachs. Sie glänzen – und das buchstäblich – durch den Einsatz von Schlagmetall, sind ungeheuer kräftig und intensiv in ihrem Ausdruck. Heinevetter mag vor allem Gold. „Das Metallische steht für Licht, für Sonne“, sagt er. Der Annener freut sich darauf, bei der Revierkunst viele verschiedenen Kollegen zu treffen und ihre Arbeiten zu sehen. „Das ist schon sehr spannend da.“
Bilder von Menschen, die nicht sehen können, wird Birgit Beßler ausstellen. Ihre Ölmalerei zeigt aber nicht etwa Blinde, sondern Personen, die blind für Welt sind, „blind für die Wahrnehmung von Gegenwart und für das, was jetzt gesellschaftlich dringend notwendig ist“, erklärt die gebürtige Münsterländerin, die seit einigen Jahren in Witten lebt und im Bochumer Künstlerbund aktiv ist. Vier Porträts, alles Arbeiten der letzten Jahre, wird die 46-Jährige vorstellen. Sie freut sich auf die künstlerische Vielfalt auf Zeche Ewald – sowohl die Anzahl wie auch die Verschiedenheit – und die Begegnungen mit den Kollegen. „Ich glaube, da kann es zu einem spannenden Austausch kommen.“
Jörg Hanowski ist ein alter Hase bei der Revierkunst, er ist in diesem Jahr schon zum dritten Mal dabei. Der Glaskünstler, der sein Atelier im Hof von Haus Herbede hat, zeigt diesmal Installationen mit Neonlicht und Lichtobjekte mit Neontechnik. Es sind ausschließlich neue Arbeiten, schließlich will der 58-Jährige – der übrigens unter Hattingen gelistet wird – die regelmäßigen Besucher nicht langweilen. Er freut sich darauf, die Kollegen aus der Region zu treffen und mit der Revierkunst auch Menschen zu erreichen, die seine Arbeiten sonst nicht sehen. Und schließlich, so versichert er, wolle er nach mehreren Ausstellung in den Benelux-Länder „das Ruhrgebiet ja nicht vergessen“.