Witten. . Mit einem Hühnerhof, Live-Musik und einem Eurythmie-Crashkurs hat sich das Institut für Waldorfpädagogik am Wochenende Besuchern vorgestellt.
40 Hühner und ein Hahn gackern friedlich in der Gegend herum, picken das ein oder Kohlrabiblatt auf und graben in der trockenen Erde. Mittendrin: Penelope, 10 Jahre alt. „Das ist schon voll riesig. Wie ein Plastikei“, sagt die Kleine. Das Mädchen hat zum ersten Mal ein richtiges Hühnerei in der Hand, frisch gelegt. „Das ist sogar immer noch warm“, staunt Penelope.
Solch tierische Erfahrungen konnten Besucher beim Tag der offenen Tür des Instituts für Waldorfpädagogik in Annen sammeln. Das Institut wird heute von über 200 Studenten besucht und hat gut 30 Dozenten und Mitarbeiter. In fünf Gebäuden werden die Studenten auf ihren späteren Job in einer Waldorfschule vorbereitet. Der Hühnerhof war nicht nur Anziehungspunkt für Kinder und Erwachsene, sondern wird das ganze Jahr über auch von Studierenden genutzt.
„Hühner haben ein Recht darauf, geliebt zu werden“
Gemeinsam mit Schülern der Blote Vogel Schule lernten die Studierenden den „achtsamen Umgang mit den Tieren“. Darauf legt Verena Schweppe (24), die auf dem Hof eine Ausbildung zur Gemüsegärtnerin macht, großen Wert. „Hühner sind nicht nur dazu da, um Eier zu legen. Sie haben ein Recht darauf, geliebt zu werden.“ Wenn Schweppe in einigen Monaten fertig ist mit der Ausbildung, hofft sie, direkt auf dem Hof weiterarbeiten zu können.
Der Tag der offenen Tür bot für viele Besucher einen Blick hinter die Kulissen der Waldorfpädagogik. Selbst gebackener Kuchen, Live-Musik und hilfsbereite Studenten sorgten für eine gesellige Atmosphäre. Ute Kiczka hat am Institut vor vielen Jahren studiert, wie sie erzählt. Heute leitet die 62-jährige Wittenerin mit ihrem Mann einen gemeinnützigen Verein für die Integration von Flüchtlingen. Kiczka erzählt, dass sie vor allem wegen der Mitmachaktion zur Eurythmie gekommen sei.
„Wie erlebt Ihr das vom Innern her?“
Eurythmie – ein eigenständiges Studium am Institut – kann als Art der Bewegungskunst verstanden werden. „Es bringt einem ein ganz anderes Verhältnis zur Zeit und es ist eine liebevolle Art, sich zu bewegen“, sagt Ute Kiczka. Gut 15 Leute versammeln sich im Eurythmie-Saal, der obligatorische Gruppenkreis bildet sich ganz von allein. Isa Hüser leitete den Workshop. Zuerst hieß es durch den Raum laufen, ganz gerade, dann nur in Kurven, mal schneller, mal langsamer.
Im Kreis soll man sein Gewicht auf die Fersen verlagern, sich zurücklehnen, dann auf die Zehenspitzen gehen und vorbeugen, am Ende wieder zurück in die Mitte und das Gewicht ausbalancieren. „Wie erlebt Ihr das vom Innern her?“, fragt Isa Hüser. Teilnehmerin Ute Kiczka sagt: „Man muss die Gefühle wechseln können. Nur mit einer Einstellung durchs Leben gehen, das ist nicht gut.“
„Namen tanzen stand nicht auf dem Lehrplan“
Im Vergleich zu einem normalen Studium sind die Lehrmethoden am Waldorf-Institut alternativ. Dennoch: Mit dem Klischee, Waldorfschüler lernten doch nur, ihren eigenen Namen zu tanzen, hatten die „Kostproben“ am Tag der offenen Tür rein gar nichts zu tun. Ein Eurythmie-Student versicherte zudem scherzhaft: „Ich studiere hier jetzt seit zwei Jahren. Namen tanzen stand bisher nicht auf dem Lehrplan.“
>>> DAS INSTITUT
Das Institut für Waldorfpädagogik wurde 1973 gegründet, um Klassenlehrer für Waldorfschulen pädagogisch und fachlich auszubilden. Nach und nach kamen weitere Einrichtungen wie die Eurythmie und der Gärtnerhof hinzu.
Heute gibt es drei Studiengänge, zwei Fachausbildungen und zwei Angebote für Menschen mit bereits abgeschlossenem Studium.