Witten. . Weil die Rollstuhlrampe klemmte, wurde Petra Bruckner (58) schon von Busfahrern stehen gelassen. Sie hat Wege gefunden, sich selbst zu helfen.

Die Diagnose bekam sie schon als junge Erwachsene: Multiple Sklerose. Ihr Leben wollte sich Petra Bruckner von der Hirnerkrankung und der damit einhergehenden Bewegungseinschränkung aber nie verderben lassen – selbst, als die unternehmungslustige Annenerin vor zwei Jahren merkte, dass sie kein Auto mehr fahren konnte. Also wurde sie Bogestra-Kundin – und so mancher Ausflug zum „reinsten Horror-Trip“. Jetzt hat Bruckner immer einen Schraubenzieher dabei.

Im Winter ließ man die 58-Jährige an der Haltestelle stehen, weil sich die Rollstuhlrampe nicht ausfahren ließ. „Der Fahrer sagte, dass ich den nächsten Bus nehmen soll.“ Der kam aber erst nach einer Stunde. Und draußen war es bitterkalt. Mit einem schmalen Werkzeug hätte man die – vermutlich aufgrund verdreckter Zwischenräume – klemmende Rampe sicher lösen können, dachte sich Petra Bruckner. Seitdem hat der Schlitzkopfdreher einen festen Platz in ihrer Handtasche. „Inzwischen bin ich bei den Busfahrern bekannt als die Frau mit dem Schraubenzieher“, sagt sie schmunzelnd. Galgenhumor.

Ein Brillenputztuch als Entschädigung

Denn eigentlich findet Petra Bruckner es „ziemlich traurig“, dass sie selbst dafür sorgen muss, dass die Rampe funktionsfähig ist. Immerhin: Seitdem sie den Schraubenzieher dabei hat, ist sie immer in den Bus gekommen. Denn damit hat bisher jeder Busfahrer die klemmende Rollstuhlrampe lösen können. Und dass hier nachgeholfen werden muss, passiere schließlich alles andere als selten, sagt die Wittenerin. „Mal klemmt die Rampe gar nicht, dann wieder drei- bis viermal in einer Woche.“ Für die Bogestra ist das Thema trotzdem neu.

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Man sei zwar in „sehr engem und regelmäßigem Austausch“ mit mehreren Behindertenverbänden, habe aber von diesem Problem noch nichts gehört, sagt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. „Die Funktionsfähigkeit der Klapprampen ist sehr, sehr gut. Dass eine Rampe nicht funktioniert, kommt wirklich nicht häufig vor.“ Dennoch könne es auch hier vereinzelt zu technischen Problemen kommen, räumt Kollmann ein. „Deswegen ist es wichtig, dass man sich direkt an uns wendet.“ Das hat Petra Bruckner wohl getan. Beim Kundencenter der Bogestra habe man sich entschuldigt und ihr als Entschädigung ein Brillenputztuch geschenkt. Und dann klemmte die Rampe wieder.

Reparaturen nur in der Werkstatt

Christoph Kollmann verspricht nun, dass man das Thema auf dem Schirm behalte. Dass ein Busfahrer einen Rollstuhlfahrer wegen Problemen mit der Rampe stehen lassen muss, könne man aber nicht komplett verhindern. „Wenn etwas defekt ist, ist es die Aufgabe der Werkstatt, sich darum zu kümmern“, so Kollmann. Der Busfahrer könne und dürfe auch einfache Reparaturen nicht selbst übernehmen.

Petra Bruckner würde sich dagegen einen Schraubenzieher an Bord aller Busse wünschen, „damit andere Rollifahrer nicht meine Erfahrung machen müssen“. Für Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann klingt das nach keiner Option. Er will sich erst mal mit Petra Bruckner austauschen. „Meine Hoffnung ist, dass sie danach den Schraubendreher zuhause lässt.“