Witten. . Vier Nachbarinnen bilden den harten Kern einer Bürgerinitiative. Sie wehren sich gegen die Art der geplanten Wohnungen und haben viele Sorgen.

Kaum stehen wir eine Minute an der Straße, da rast ein Auto mit Hagener Kennzeichen durch den südlichen Teil im Bebbelsdorf, den nur Anlieger befahren dürfen und auf dem eigentlich Tempo 30 gilt. Das kommt den vier Anwohnerinnen gerade recht. Sie haben eine Bürgerinitiative gegründet. Nicht nur, weil sie sich ständig darüber ärgern, dass Autofahrer – auch Lkw – ihre Straße als Abkürzung nutzen. Vor allem sorgen sie sich um eine weitere Zunahme des Verkehrs durch den geplanten Neubau von Wohnungen auf dem Gelände der Gärtnerei Schüren.

Das Gelände der ehemaligen Gärtnerei Schüren an der Straße Bebbelsdorf soll bebaut werden.
Das Gelände der ehemaligen Gärtnerei Schüren an der Straße Bebbelsdorf soll bebaut werden. © Theobald

Auf der 7400 m² großen Fläche will die Frielinghaus Projektentwicklungs- und Bauträger GmbH 48 barrierearme Mietwohnungen für Singles, Studenten, aber auch Familien errichten – mit 72 Parkmöglichkeiten, zehn davon öffentlich nutzbar. Im Moment werden dort die Gewächshäuser der Gärtnerei abgebaut. „Im Herbst 2017 habe ich zufällig erfahren, dass bei uns gebaut werden soll“, sagt Christa Baumann. Sie lebt seit zehn Jahren im Bebbelsdorf.

Nun plagen sie und ihre Mitstreiterinnen viele Ängste: zunehmender Verkehr, zu wenig Parkraum, mehr Lärmbelastung, mehr Schmutz, weniger Grünflächen und damit auch weniger Platz für Vögel, Eichhörnchen und andere schützenswerte Tiere.

„Wir haben Angst, dass wir hier bald absaufen“

Was die engagierten Anwohnerinnen außerdem fürchten: „Dass wir hier bald absaufen“, sagt Veronika Tyburzy, die vor sieben Jahren mit Schwester Gabriele und ihrer kranken Mutter von Annen „der Ruhe wegen“ ins Bebbelsdorf gezogen ist. Sobald es kräftig regnet, verwandeln sich die Gärten in Schlammwüsten, stehen Keller unter Wasser.

So sollen die neuen Gebäude mit 48 Wohneinheiten am Bebbelsdorf aussehen. Die Planungen hat die Frielinghaus Projektentwicklungs- und Bauträger GmbH übernommen.   
So sollen die neuen Gebäude mit 48 Wohneinheiten am Bebbelsdorf aussehen. Die Planungen hat die Frielinghaus Projektentwicklungs- und Bauträger GmbH übernommen.   © Felix Achternbosch

Durch den Neubau erhöhen sich die versiegelten Flächen. Das Gebäude solle zwar eine Versickerungsanlage erhalten, trotzdem würde ja noch mehr Wasser in den Kanal fließen und die Situation verschärfen. „Und nach drei Schadensmeldungen fliegen wir dann aus unserer Elementarversicherung raus“, nennt Christa Baumann eine ihrer vielen Sorgen.

Mit den beiden Schwestern und Nachbarin Silke Sattler-Pagels, ebenfalls zehn Jahre hier wohnhaft, hat sie an die 200 Unterschriften gesammelt. Sie haben Mappen zusammengestellt mit allen Einsprüchen und Beschwerden, haben diese an Ämter und Fraktionen verteilt. Sie haben Piraten, Linken, CDU und SPD ihre Anliegen vorgetragen. „Die Grünen“, wundert sich Veronika Tyburzy, „haben gar nicht reagiert“. Ein Termin in der Sprechstunde der Bürgermeisterin sei wenig zufriedenstellend verlaufen, auch ein Gespräch mit dem Bauträger habe nichts gebracht.

Die Bürgerinitiative Bebbelsdorf und die Initiative „Stockum wehrt sich“ (gegen Gewerbe am Vöckenberg) haben schon gemeinsam vor dem Rathaus demonstriert.
Die Bürgerinitiative Bebbelsdorf und die Initiative „Stockum wehrt sich“ (gegen Gewerbe am Vöckenberg) haben schon gemeinsam vor dem Rathaus demonstriert. © Barbara Zabka

Die Frauen stellen klar: „Wir haben nichts dagegen, dass Schüren verkauft. Das ist deren gutes Recht. Wir haben auch nichts gegen eine andere Art der Bebauung, etwa Einfamilienhäuser.“ Was sie sich gewünscht hätten: „Dass wir einbezogen und unsere Bedenken ernst genommen werden.“

So kritisieren sie etwa auch, dass das Verkehrsgutachten nicht nur schwer im Netz zu finden sei, sondern dass „am heißesten Tag des Jahres in den Sommerferien gemessen wurde“. Oder dass ihr Vorschlag abgeschmettert wurde, Rasern und Abkürzern einen Riegel vorzuschieben, indem in Höhe der Straße Gemeindeneck Poller aufgestellt würden.

„Wir sind hierher gezogen, weil das wie ein Dorf ist. Unsere Kinder sollen hier gut leben können und dafür werden wir uns weiter einsetzen“, sagt Silke Sattler-Pagels. Gabriele Tyburzy ergänzt im Namen aller: „Aufgeben werden wir nicht, sondern Kampfgeist beweisen.“

>> INFORMATION

  • Die Bebauung in Bebbelsdorf-Süd steht noch einmal auf der Tagesordnung im nächsten Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz am Donnerstag, 14. März, um 17 Uhr im Rathaus.
  • Dort wird die Verwaltung in einem Entwurfsbeschluss empfehlen, den Neubau aufgrund aller erstellten Gutachten zu beschließen und die Pläne einen Monat lang öffentlich auszulegen. In dieser Zeit, so die Stadt, hätten Bürger noch die Möglichkeit, Anregungen und Bedenken vorzubringen. Diese würde der Rat dann bei seinem endgültigen Beschluss berücksichtigen.
  • Die Frielinghaus Projektentwicklungs- und Bauträger GmbH selbst bedauert, dass der Beschluss für das Objekt immer wieder durch die Politik verschoben wird. Denn: „Alle notwendigen Gutachten liegen seit Monaten vor“, heißt es aus dem Büro.