Witten. . Um zwei kleine Loks und 25 Kipploren ist die Zeche Theresia jetzt reicher. Sie stammen aus Lünen – und beenden ein Stück Geschichte.
So viel Aufmerksamkeit ist den 25 Kipploren lange nicht zuteil geworden. Erst schaut die Presse morgens in Lünen vorbei, dann kommen die Leute von der Zeitung mittags in Witten zum Schauen und Staunen. Per Lkw haben die alten Schätzchen den Weg über die Autobahn angetreten, um nach getaner Arbeit im Steag-Kraftwerk nun im Gruben- und Feldbahnmuseum Zeche Theresia in den Ruhestand zu gehen. „Ein Glücksgriff“, sagt Hannsjörg Frank.
Denn, so der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Muttenthalbahn, dabei handele es sich um die Fahrzeuge des letzten Feldbahnbetriebes im Ruhrgebiet. Lediglich eine Ziegeleibahn irgendwo im östlichen Westfalen sei noch in Betrieb. „Ein Stück Transportgeschichte im Revier geht damit zu Ende“, so Frank. Zwei kleine Loks – seltene Exemplare der Baujahre 1958 und 1964, mit 20 und 28 PS – hat er übrigens auch noch an Land ziehen können. Sie erinnern ein bisschen an jenes Modell, mit dem Jim Knopf und Lukas durch die Kinderbuch-Welt fuhren. Der Zufall hat sie Hannsjörg Frank mal wieder in die Arme getrieben.
Fahrzeuge finden in Witten eine neue Heimat
Denn als der umtriebige Wittener Anfang Dezember hörte, dass der Betrieb im Lüner Kraftwerk zum Jahresende eingestellt werden soll, griff er flugs zum Telefon. Bald stimmten Kraftwerks- und Konzernleitung zu, dass die ausrangierten Loren und Loks im Wittener Museum eine neue Heimat finden sollen – und spendeten die Fahrzeuge sogar. Nur die Transportkosten bereiten Hannsjörg Frank noch ein wenig Kopfschmerzen. Doch die Freude über die Neuzugänge überwiegt.
Die werden vormittags schon sehnlich in der Ruhrstadt erwartet. Zwei Mitarbeiter der Zeche Theresia stehen bereit. Ein Vertreter des Zechenhauses Herberholz hat seine Kamera mitgebracht, will das Ganze „ein bisschen dokumentieren“. Auch Bastian Eberle, als hauptberuflicher Fahrdienstleiter mit dem Bahnvirus infiziert und in der Arge engagiert, ist schon gespannt. „Das wird ja nicht mehr oft vorkommen, dass wir sowas kriegen. Schon gar nicht in der Größenordnung“, sagt der 36-Jährige, der kräftig anpackt, als der Konvoi am Museumsgelände parkt.
Loren werden gesäubert und konserviert
Die kleinen grünen Loks kommen als erste. Später folgen die grauen Loren. Per Kran werden sie Stück für Stück vom Lader auf die Schienen gehievt. Bastian Eberle schiebt sie an, damit sie am Ende des Tages ordentlich aufgereiht an der Seite stehen. Am nächsten Tag will Hannsjörg Frank sie dann mit dem Dampfstrahler säubern.
„Die sind sehr staubig, da ist aber nur Glasasche mit transportiert worden, nichts Gefährliches.“ Dann kriegen die Loren noch ihr Fett weg, beziehungsweise werden mit Konservierungsöl behandelt. „Die werden nicht etwa angepinselt, das machen wir nur noch bei Fahrzeugen, die im Personenverkehr eingesetzt werden. Wir wollen schließlich die Patina des jahrzehntelangen Einsatzes erhalten.“
Besucher können sich Loren und Loks ab 3. März anschauen. Dann startet die Arge wieder ihren meist sonntäglichen Fahrbetrieb. Die restliche Zeit haben Hannsjörg Frank und sein Team aber dennoch genug zu tun – auch auf dem Gelände der ehemaligen Eisengießerei Ritz hinter der Zeche Nachtigall. Das hat der Verein – wie berichtet – gepachtet, um möglichst vielen historischen Fundstücken in der dort befindlichen Halle ein überdachtes Zuhause bieten zu können. Jetzt erneuern sie den Zaun rundherum und räumen auf. Alte Stoßstangen und etliche Müllsäcke hat jemand dort einfach entsorgt.
Bei all der Arbeit hat Hannsjörg Frank noch zwei Träume: Er möchte die Strecke der Muttenthalbahn bis zum Bethaus verlängern. „Und wir möchten uns anmelden für den längsten Kipplorenzug der Welt.“ 50 Meter sind ja gerade angekommen, weitere 50 Meter befinden sich längst auf dem Gelände. Die Chancen stehen also nicht schlecht, tatsächlich ins Guinnessbuch der Rekorde zu kommen.
>> INFORMATION
- Besucher müssen sich nicht mehr lange gedulden: Startete die Muttenthalbahn sonst ihren Betrieb zu Ostern, nimmt sie nun am ersten Märzsonntag wieder Fahrt auf – weil Ostern diesmal so spät liegt. Dann ist das Gruben- und Feldbahnmuseum an der Nachtigallstraße 27 bis 33 von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
- Die Arbeitsgemeinschaft Muttenthalbahn benötigt dringend Spenden – zum Beispiel für die Transportkosten der Loren aus Lünen. Sie möchte aber zum Beispiel auch zwei neue Wagen für die Mitfahrt von Rollstühlen und Kinderwagen aufarbeiten. Weitere Info: 0177-4938504 und muttenthalbahn.org