Witten. . Der Annener (56) plant sein Comeback. Er möchte Ratsherr und Bürgermeister werden – ausgerechnet über die WBG. Die gründeten einst seine Gegner.

Michael Hasenkamp meldet sich zurück auf der politischen Bühne. Die Wittener Bürger Gemeinschaft (WBG) hat den Annener (56) Mitte Dezember als Mitglied aufgenommen. Ob sie ihn für die Kommunalwahl 2020 auch als Rats- und Bürgermeisterkandidaten aufstellen wird, ist noch nicht beschlossen.

Bis dahin wird die Partei den einstigen politischen Shooting-Star und CDU-Chef wohl erst als Sachkundigen Bürger ins Rennen schicken und am Programm mitschreiben lassen. Aber wer Hasenkamps Werdegang kennt, sollte keinen Zweifel an seiner Zielstrebigkeit haben. Auch den Bürgermeisterposten traut er sich selbstredend zu, wenn man ihn nur ließe. „Es gibt keinen Besseren“, sagt er in der ihm eigenen unbescheidenen Art, in der zugleich eine gute Portin Selbstironie mitschwingt.

Harsche Kritik an GroKo und Bürgermeisterin

„Ich liebe diese Stadt, ich bin hier geboren und man kriegt mich hier nicht mehr weg“, sagt Hasenkamp zum Grund seiner Rückkehr. „Aber es belastet mich, zu sehen, was hier alles nicht funktioniert. Und ich will ein bisschen dazu beitragen, dass sie sich wieder in die richtige Richtung entwickelt.“ Die Bilanz, die der Unternehmensberater, Kommunikationstrainer und Immobilieneigentümer der SPD, der Bürgermeisterin und der „in der GroKo weichgespülten CDU“ ausstellt, ist verheerend.

Witten sei „seit 25 Jahren pleite“. Und trotz „teurer Müllabfuhr, unfassbar teurer Entwässerung und exorbitant hoher Grundsteuern“ sei bei dem städtischen Finanzen „noch nicht einmal das Licht am Ende des Tunnels in Sicht“.

Hasenkamp will jede dritte Stelle im Rathaus streichen

Hasenkamp verheimlicht nicht seine Rezepte, mit der die Stadt die verlorene Handlungsfähigkeit zurückgewinnen soll. „Wir müssen weg vom hohen Sockel der Personalkosten. Die Stadt muss mit maximal 800 Köpfen auskommen“, sagt er. Das hieße, jede dritte Stelle zu streichen. Auch die Stadttöchter – Siedlungsgesellschaft, Stadtwerke und die Sparkasse – müssten wieder Millionen an die Stadt ausschütten. O-Ton Hasenkamp: Dass das Geldinstitut trotz einer Bilanz von zwei Milliarden nur einen einstelligen Millionengewinn ausgewiesen und für den Kämmerer gar nichts abgeworfen habe, „ist der katastrophalen Vetternwirtschaft der letzten Jahre geschuldet“.

Er brachte die CDU nach vorn und spaltete sie

Michael Hasenkamp war in den 1990er Jahren Mitinitiator des ersten erfolgreichen Bürgerbegehrens in NRW – das den Wittener Rathausanbau („Schultes-Riegel“) mit 80 Prozent Zustimmung verhindert hat. Er war der Star in Wittens Union. Unter seinem Vorsitz holte die CDU 1999 bei der Ratswahl 35 Prozent der Mandate, scheiterte Gabriele Preibisch nur denkbar knapp in der Bürgermeister-Stichwahl gegen Klaus Lohmann (51,6 Prozent). Doch an der Person Hasenkamp schieden sich die Geister.

Sein rhetorisches Talent blieb auf allen Seiten unbestritten. Aber mit politischen Alleingängen eckte er auch bei eigenen Parteifreunden an. Die CDU gönnte ihm 1999 nach der Ratswahl nicht einmal mehr den Fraktionsvorsitz. Hasenkamp gründete daraufhin mit andern CDU-Aussteigern die Freie Liste Witten, mit zeitweilig bis zu sieben Mandaten, bändelte schließlich noch mit der FDP an, verließ 2009 den Rat und die Politik.

WBG: „Alle Vorbehalte ausgeräumt“

Die Ironie der Geschichte aber ist: Aus Frust über seinen Führungsstil hatten maßgebliche CDU-Leute schon 1999 die „Hasenkamp-CDU“ verlassen und die WBG aus der Taufe gehoben – die erste freie Wählergemeinschaft in Witten, die heute als Zwei-Mann-Fraktion im Rat sitzt. Ausgerechnet die WBG bietet ihm jetzt wieder eine neue politische Heimat an. Aus Sicht von Hasenkamp, von dem die Initiative ausging, ist das nur folgrichtig. „Die WBG ist die bürgerliche politische Formation, die mir am nächsten steht.“

Für die Partei, bei der es inzwischen aus Alter- und Gesundheitsgründen auch einen Personalwechsel gegeben hat, war die Wiederannäherung nicht selbstverständlich. „Aber wir haben intensiv diskutiert und ihm alle Fragen gestellt, die unsere Mitglieder hatten, und dabei wurden alle Vorwürfe und Vorbehalte ausgeräumt“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Stefan Grafe (52), der Hasenkamp persönlich seit 30 Jahren kennt.

WBG hoff auf „neuen Wind“

Man habe sich mit Hasenkamp „ausgesprochen und versöhnt“, sagt WBG-Geschäftsführer Hans-Peter Müller (62). Ratsherr Wolfgang Wiedemeyer (65), der mit Siemut Brömmelsiek (67) für die WBG aktuell im Rat sitzt, verspricht sich, dass Hasenkamp „auch neuen Wind in die WBG bringt“.

Hasenkamp will kein Einzelkämpfer mehr sein

Dass die WBG zum Pressetermin mit Hasenkamp gleich mit ihrem halben Vorstand anrückt, setzt auch ein Zeichen. „Wir sind ein Team“, sagt Müller. Hasenkamp hatte in einem früheren Gespräch mit der WAZ Fehler in der Vergangenheit eingeräumt, dass er mit seinem autoritären Führungsstil Menschen verprellt habe. „Heute lasse ich mich besser einbinden, das hat auch etwas mit einem Reifungsprozess zu tun. So wie ich das früher gemacht habe, hat das nicht funktioniert.“ Er will künftig auf Alleingänge verzichten. „Im Team ist es besser. Ich habe nicht mehr das Gefühl, immer der Alleinkämpfer sein zu müssen.“