Witten. . Michael Hasenkamp war in den 90er Jahren der Hoffnungsträger der CDU. Dann zerbrach die Partei fast an ihm. Die Politik hat er an den Nagel gehängt.
- Michael Hasenkamp war in den 1990er Jahren der Hoffnungsträger der Wittener CDU
- Dann zerbrach die Partei fast an ihm. Die Politik hat er längst an den Nagel gehängt
- Der Annener wohnt im Bobachschlösschen und führt dort eine Akademie
„Und grüßen Sie alle, die sich darüber freuen . . .“ Der Satz, mit dem Michael Hasenkamp gerne ein Gespräch beendet, sagt viel über den 54-jährigen Annener. Er ist ein streitbarer Mann. Das wissen viele, die seine politische Laufbahn aus der Nähe oder Ferne verfolgt haben. An dem einstigen Unionschef schieden sich die Geister. Er wurde bewundert, gefürchtet und – ja – gehasst. Nur wenige ließ er kalt.
Doch mit der Politik hat er längst abgeschlossen. Warum? „Na, ich habe doch richtig was auf die Mütze bekommen“, sagt Hasenkamp und lässt durchblicken, dass das auch nicht ganz spurlos an ihm vorübergegangen ist. Er beschwert sich aber nicht. Wer austeilt, muss auch einstecken können.
Bürgerbegehren gegen den Rathausanbau
Hasenkamp, Jahrgang 1962, war Mitte der 90er Jahre der Hoffnungsträger der Wittener CDU – dann hat er sie gespalten. Das Bürgerbegehren gegen den Rathausanbau, das erste erfolgreiche in NRW, trug seine Handschrift. Auch in der Bürgerinitiative gegen eine Baustoffrecyclingsanlage im Steinbruch Rauen spuckte er einigen, die in Witten immer Fäden gezogen hatten, kräftig in die Suppe.
Hasenkamp war erst 34, als die CDU, deren Ratsfraktion er mal „als fünfte Kolonne der SPD“ verhöhnte, zu ihrem Vorsitzenden wählte. Er machte der eigenen Fraktion Feuer unterm Hintern, trieb SPD und Stadtverwaltung vor sich her. Er forderte radikale Lösungen für den Haushalt, radikalen Personalabbau, Privatisierungen.
Die Kunst der freien Rede
Die Genossen lehrte er tatsächlich eine Weile das Fürchten: Die Bürgermeister-Stichwahl 1999 gewann Klaus Lohmann mit 51,60 Prozent nur hauchdünn gegen CDU-Frau Gabriele Preibisch. Und es ist keine Frage, dass der ehrgeizige CDU-Chef Hasenkamp am liebsten selbst angetreten wäre. Doch sie ließen ihn nicht.
Selbst politische Gegner bescheinigen Hasenkamp scharfen Verstand. Seine Haupttalent, aus dem er heute noch als Kommunikationstrainer Kapital schlägt, ist die Kunst der freien Rede. In der Politik trug ihm das auch immer den Ruch des „Populisten“ ein. Und den Verdacht, dass die persönlichen Ambitionen vielleicht wichtiger sein könnten als die Partei. Zudem liegen Brillanz und Arroganz nah beieinander.
Menschen auch verletzt
In der CDU kamen jedenfalls viele bei dem Kurs, den Hasenkamp vorlegte, nicht mit. Einen „autoritären Führungsstil“ hielt man ihm vor. Heute räumt er ohne Umschweife ein, Fehler gemacht zu haben – nicht bei den Inhalten, aber im Umgang, selbst mit Parteifreunden. „Ich hätte mehr darauf achten müssen, andere Menschen nicht so zu verletzen. Ich habe viele brüskiert, das war sicherlich nicht schlau. Mir war aber auch nicht klar, dass die so empfindlich sind.“
Bei der Ratswahl 1999 erreichte die Union mit ihrem Spitzenkandidaten Hasenkamp mit über 35 Prozent ungeahnte Höhen. Aber intern war sie schon an seiner Person zerbrochen. Fraktionschef Siegfried Nimsch hatte bereits das Weite gesucht und mit anderen Frustrierten die Wittener Bürgergemeinschaft gegründet. Und nach der so erfolgreichen Wahl 1999 ließ die Unionsmehrheit Hasenkamp selbst fallen wie eine heiße Kartoffel: Der Listenführer wurde weder Fraktionschef noch Vize, noch durfte der selbstständige Unternehmer irgendeinen Ausschuss leiten. Den Vize-Vorsitz im Schulausschuss überließ man ihm. Das saß.
Freie Liste gegründet
Diese Mal ging Hasenkamp. Er verließ die Fraktion, gründete die Freie Liste Witten, zu der ihm bis 2004 noch weitere sechs Ratsmitglieder folgten. Als Redner war er in den Sitzungen oft Alleinunterhalter. Niemand wollte – oder konnte – dagegenhalten. Man ließ ihn einfach ins Leere laufen. Bei der Ratswahl 2004 bekam die Freie Liste dann von den Wählern „auf die Mütze“: Magere drei Prozent reichten gerade mal für zwei Sitze. Nach einen kurzen Anbändeln mit der FDP verabschiedete sich Hasenkamp 2009 aus der Politik.
Vom Ratsherrn zum Schlossherrn
Michael Hasenkamp wohnt mit seiner Familie im Borbachschlösschen. Auf dieses Landschlösschen – kein Hingucker, aber innen schmuck – hatte Hasenkamp früh ein Auge geworfen. Er selbst stammt aus einem Bochumer Rittergeschlecht, das einst auf Schloss Weitmar residierte.
Das Borbachschlösschen war 1867 als Gaststätte mit Wohnungen erbaut worden. Bergleute tranken dort ihr Pils. Bis 1910 gab es unten auch eine Bäckerei. Im großen Saal feierten Vereine und andere Gesellschaften. Die Borbachschützen hatten ihren Schießstand im Keller. 20 Jahre lang, bis 2010, führte die Familie Malik im Erdgeschoss das pakistanische Restaurant „Shalimar“.
Säulen und Bleiglas-Fenster
Nach dessen Auszug ließ Hasenkamp auch das Parterre in den Urzustand zurückversetzen. Dabei kamen Historismus-Säulen, bleiverglaste Fenster und der alte Dielenboden zum Vorschein. Das Erdgeschoss nutzt er heute für Seminare seiner „Akademie im Borbachschlösschen“.
Zum 150-Jährigen des Hauses (2017) möchte Hasenkamp eine Festschrift herausgeben. Wenn Wittener dazu alte Fotos oder andere Erinnerungen dazu beitragen können, würde er sich darüber freuen. Kontakt per E-Mail: info@michael-hasenkamp.de
Zur Person: Kommunikationstrainer und Unternehmensberater
Hasenkamp gründete 1982 eine Werbeagentur, führte 1983 bis 1998 eine Großhandlung für Kopierpaper mit zeitweise 20 Millionen Euro Jahresumsatz. 1996 war er Jungunternehmer des Jahres in NRW. Er kaufte den privaten Postdienst Optimail aus der Insolvenz, veräußerte ihn mit Gewinn. Er hält in Witten mehrere Immobilien.
Er entwickelte eine Strategie, die statt auf ein großes Vertriebsnetz auf das Telefon als Hauptverkaufsinstrument setzt. 2001 erschien sein Buch „Die Kunst, professionell zu telefonieren“. In seiner Akadamie schult der Kommunikationstrainer Vertriebsleute und Führungskräfte.
Hasenkamp war 1996 Vize-Präsident der SG Wattenscheid 09. Er war 1999 bis 2004 Mitglied des Aufsichtsrates der Stadtwerke Witten und von 1993 bis 2003 Schirmherr der Multiple Sklerose Gesellschaft Witten.