witten. . Nach knapp einem Jahr ist der dreiköpfige Sparkassenvorstand in Witten wieder komplett. Der neue Vorsitzende Rolf Wagner will „Vollgas“ geben.
Der neue Mann ist leidenschaftlicher Sportler, ob Skiläufer, Hüttenwanderer, Jogger oder Mountainbiker. Drum will er gleich „Vollgas“ geben, wie Sparkassenchef Rolf Wagner bei seiner Vorstellung am Donnerstag an der Ruhrstraße ankündigte. Das heißt aber nicht, dass sich die 350 Mitarbeiter jetzt gleich warm anziehen müssen.
Der 58-jährige, Ulrich Heinemann nachfolgende Vorstandsvorsitzende übernimmt ein, wie die gesamte dreiköpfige Institutsspitze versichert, „solide aufgestelltes Haus“, ohne „Zukunftsängste“. Keine Fusionen mit anderen Sparkassen, aktuell keine weiteren Filialschließungen – hier habe Witten seine Hausaufgaben schon gemacht, so der Vater von drei erwachsenen Kindern, der in einer Bergarbeitersiedlung im Schaumburger Land das Licht der Welt erblickt hat und schon allein deshalb nicht mit Witten an der Ruhr fremdelt, der Wiege des Bergbaus.
Sein Elternhaus stand in einer Bergarbeitersieldung
Mit Kohle hat er schon sein ganzes Leben zu tun gehabt, nicht nur, weil der Vater Steiger war, sondern weil Wagner seit über 30 Jahren Banker ist. Gelernt hat er bei der Volksbank in seiner niedersächsischen Heimat. Später war er Verbandsprüfer der Genossenschaftsbanken, bevor er mehrere Vorstandsposten in verschiedenen Häusern von Hannover bis Neumünster bekleidete. Aber die zwölf Jahre bei der Genossenschaft, sie haben ihn bis heute geprägt. „Da kamen die Leute manchmal mit Waschkörben voller Belege.“
Wagner war auch früh mit dem Kreditgeschäft vertraut. 2014 wurde er Vorstandsschef der Sparkasse Dinslaken, die als Sanierungsfall galt. „Gesund übernahm krank“ erinnert er sich an die folgende, rettende Fusion mit der Sparkasse Wesel zur „Niederrheinischen Sparkasse Rhein Lippe“, die er mit eingefädelt hatte. Er wurde danach wieder normales Vorstandsmitglied, weil Wesel als größerer, gesunder Partner den Chef stellte.
Nicht zuletzt deshalb wollte es der sportliche Banker jetzt noch mal wissen. Bei einer zweistelligen Bewerberzahl für Witten machte er schließlich das Rennen. Vize Andrea Psarski (41) hebt seine Erfahrung mit Regionalbanken hervor, wenn man sie fragt, was den Ausschlag für Wagner gegeben hat – eine Entscheidung, die letztlich die Politik, also der Verwaltungsrat, getroffen hat. Die Neuausschreibung war erforderlich geworden, nachdem sein Vorgänger wegen der umstrittenen Immobiliengeschäfte in Witten seinen Hut nehmen musste.
Niedrigzinspolitik „belastet die Sparkultur“
Dass das Wittener Institut ins Gerede gekommen war, konnte Wagner übrigens nicht schrecken. Nach seinen Erfahrungen mit der kriselnden Bank am Niederrhein war das für ihn nebensächlich. „Ich habe ja etwas in ganz anderer Form erlebt“, sagt er. Denn, wie gesagt, wirtschaftlich stand und steht das Institut an der Ruhrstraße gut da.
Der jetzt unter der Woche in Stockum lebende Finanzexperte will das Kundengeschäft weiter ankurbeln, ob es ums Sparen, die Altersversorgung oder Baufinanzierung geht. Mitarbeiter, für die aufgrund der Digitalisierung bestimmte Aufgaben entfallen, sollen mehr in die Beratung gehen, zum Beispiel in Sachen Geldanlage. Rund 1,5 Milliarden Euro sind auf den Konten der Kunden geparkt, die Niedrigzinsphase lässt grüßen.
Wagner ärgert sich über die Politik der Europäischen Zentralbank „zugunsten mediterraner Staaten. Das belastet hier die Sparkultur“. Deshalb sieht er die Verantwortung der Sparkasse darin, für andere Formen der Geldanlage wie zum Beispiel Wertpapiere zu werben. Vielen Kunden sei gar nicht bewusst, dass sie durch die Inflation einen Kaufkraftverlust erlitten – da sie ja für ihr Gespartes nichts mehr kriegen.
Vorstandstrio will Kreditinstitut weiter stärken
Mit seinen Vorstandskollegen Andrea Psarski (Markt) und Arno Klinger (Risikomanagement, Vorstandssekretariat) will Wagner die Sparkasse weiter stärken. Mit seiner Stellvertreterin teilt er übrigens schon einmal die Leidenschaft fürs Skilaufen. Gerade erst war er mit seinen Kindern in der Schweiz. „Traumhaft“, schwärmt er. Dem vielen Schnee ist der Banker noch rechtzeitig entkommen. Zu viel Risiko muss ja auch nicht sein.