Witten. . Drei Wohngemeinschaften für Menschen mit Alzheimer eröffnen bald. Die 24 Bewohner sollen sich weitgehend selbstversorgen. Noch sind Plätze frei.

Wo einst das Herbeder Pfarrhaus stand, wächst zurzeit ein Neubau in den Himmel. Zwischen der Kirche St. Peter und Paul und der Gaststätte „Jever Krog“ baut das katholische Altenzentrum St. Josefshaus zurzeit ein Gebäude, in dem drei WGs für Demenzkranke Platz finden. Passend zum Stammhaus Josef heißt es „Haus Maria“.

Im Erdgeschoss werden gerade die Türen eingesetzt. Hell und freundlich sieht es dort aus, und mittendrin strahlt Martina Fitzke. Sie wird das Haus Maria demnächst leiten. „Ich bin die Hausmutter“, sagt sie lächelnd, und das Wohngruppenhaus sei „ihr Baby“. Seit 2014 entwickelt sie das Konzept, betreute die Bauarbeiten, suchte Möbel aus, stellt zurzeit Personal ein – denn am 1. Februar ziehen die ersten Bewohner um.

Martina Fitzke wird das Wohngruppenzentrum Herbede leiten.
Martina Fitzke wird das Wohngruppenzentrum Herbede leiten. © Bastian Haumann

Zwar gibt es bereits Wohngruppen für dementiell Erkrankte in Witten – etwa in der Kesselstraße von der Ev. Stiftung Volmarstein oder im Haus am Voß’schen Garten von der Boecker-Stiftung. Aber eine ambulante Demenz-WG ist neu. Das Konzept: Die Mitarbeiter sind zu Gast bei den Mietern. Die Angehörigen haben einen Schlüssel, sind Tag und Nacht willkommen, und werden auch einen hohen Anteil am Tagesgeschehen haben. Schließlich sollen die Mieter „ein selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft“ führen, so Fitzke. Pflegekräfte gibt es im Haus zum Beispiel nicht – die müssten bei Bedarf über einen ambulanten Dienst bestellt werden.

Nähe zum Dorf Herbede

Neben Martina Fitzke arbeitet auf jeder Etage eine Betreuungskraft, die rund um die Uhr den Menschen zur Hand gehen könnte oder mit ihnen Ausflüge unternimmt. Die Nähe zum Dorf Herbede sieht Martina Fitzke als großen Vorteil. Ein Besuch beim Frisör oder der kleine Einkauf im Supermarkt sei so für viele Bewohner selbstständig machbar.

Die 24 Bewohner verteilen sich in dem Haus an der Meesmannstraße 99 über drei Etagen. Jede Ebene beherbergt eine WG – zwei Etagen à neun Personen und eine mit sechs Personen. Mittig befinden sich eine große Küche und ein Aufenthaltsraum. Lediglich die Küche wird möbliert, das Wohnzimmer zum Beispiel soll von den Mietern eingerichtet werden, die so „ein Stück Zuhause mitbringen“. Zudem hat jeder Bewohner ein großes Zimmer mit barrierefreiem Bad. Man kann sich zurückziehen – oder am Gemeinschaftsleben teilnehmen. „Hauptsache, die Mieter fühlen sich nicht allein“, beschreibt Martina Fitzke einen Eindruck, den sie bei ihrer Arbeit für den ambulanten Dienst des St. Josefshauses häufig erlebt hat.

80 Prozent der neuen Bewohner sind Frauen

Noch sind Zimmer frei, aber das Interesse sei groß. 80 Prozent der Interessierten seien Frauen. Bislang ist die älteste neue Mieterin 91 Jahre, die jüngste 67 Jahre alt.

So sehr das Konzept viele Herbeder interessiert, so sehr muss das Gebäude noch um Akzeptanz kämpfen. „Anfangs haben viele gesagt, das wäre schon ein großer Klotz“, sagt Fitzke. Es erstaunt, dass auf dem Gelände des einstigen Pfarrhauses ein so großer Gebäuderiegel Platz findet. „Aber ich glaube, wenn das Haus fertig verklinkert ist und die Außenanlagen schön gestaltet sind, wirkt es auch nicht mehr so wuchtig.“

Viele Herbeder erinnern sich noch an das Pfarrheim von Pastor Jochen Winter. Nachdem dieser im Mai 2014 mit 70 Jahren in den Ruhestand ging, stand das sanierungsbedürftige Gebäude leer. Zwei Jahre später rollten die Abrissbagger an und seit Oktober 2017 wird gebaut. Der Baupreis liege bei 3,15 Millionen Euro, gefördert mit öffentlichen Mitteln der NRW-Bank.

>> Josefshaus baut Betreuungsangebote aus

André Löckelt, Geschäftsführer des St. Josefshauses, möchte die Angebote im Stadtteil ausbauen. Er spricht vom „Quartierszentrum Herbede“. Das Altenzentrum an der Voestenstraße gibt es schon lange. Vor einigen Monaten nahm der ambulante Pflege- und Betreuungsdienst St. Josef seine Arbeit auf, der die Menschen zuhause besucht. Drittes Standbein soll das Wohngruppenzentrum an der Meesmannstraße 99 sein.

Für die Wohneinheiten wird eine Kaltmiete von 5,25 Euro pro m² veranschlagt. Die Bewohner zahlen „all inclusive“ mit Essen, Betreuung, Haushaltsgeld etwa 850 Euro. Infos: Martina Fitzke, 0162-2024120