Witten. . Am Sonntag feiert die Creative Kirche ihren 25. Geburtstag. Mit einem Gospelworkshop fing es an, inzwischen erreicht die Stiftung Millionen.

Eine Erfolgsgeschichte feiert Geburtstag: Vor 25 Jahren startete die Creative Kirche mit ihrem ersten Workshop in Witten – seitdem hat sie mit ihren Projekten in ganz Deutschland Millionen erreicht. Gründer und Vorstand Martin Bartelworth blickt im Gespräch zurück auf die Anfänge, die Höhepunkte und verrät, was er sich für die Zukunft wünscht.

Mal ganz ehrlich, hätten Sie 1993 gedacht, dass die Sache mal so groß wird?

Bartelworth: Nein, niemals. Wir hatten uns das auch nicht vorgenommen. Wir haben immer nur den nächsten Schritt gemacht...

Himmelwärts-Festgottesdienst mit viel Musik am Sonntagabend

Gefeiert wird das Jubiläum am Sonntag ab 18 Uhr mit einem Himmelwärts-Gottesdienst im Saalbau. Superintendentin Julia Holtz predigt, Musik gibt es von den Chören der Creativen Kirche, von Danny Plett und Wolf Codera. Der Eintritt ist frei.

Weitere Feiern sind nicht geplant. Stattdessen wird an den Projekten weitergearbeitet. Im Februar hat das neue Musical „Martin Luther King“ in der Essener Grugahalle Premiere – es ist übrigens das erste offiziell ökumenische Projekt der Creativen Kirche.

Was waren die ersten Schritte?

Ich hatte mit Ralf Rathmann schon seit unserer Jugend zusammen Musik gemacht, wir waren zusammen im Chor der Martin-Luther-Kirchengemeinde. Jahre später war er dann Jugendreferent in Sprockhövel, ich beim Diakonischen Werk im Sozialen Dienst. 1993 haben wir dann das erste Chor & Quer-Projekt gestartet, mit 60 Sängern. Im Jahr darauf waren es schon 140. Sechs Mal proben, Konzert, wieder nach Hause. So fing es an. Aber wir haben rasch gemerkt: Da geht noch mehr.

Noch mehr? Was war Ihr Plan?

Wir haben uns gefragt: Was für eine Kirche brauchen wir, damit Menschen Heimat finden, die wir mit unseren Projekten erreichen? Die klassische Form war ja offenbar nicht mehr geeignet. Wir wollten eine Form finden, in der wir unsere gute Nachricht von der Liebe Gottes mit den Menschen in Verbindung bringen, so dass sie selber wieder drin vorkommen. Und Musik ist nun einmal die Sprachschule des Glaubens, das hat schon Martin Luther gesagt.

So fing es an: Rathmann und Bartelworth beim Chorprojekt 1994.
So fing es an: Rathmann und Bartelworth beim Chorprojekt 1994. © CK

Damit lagen Sie offenbar richtig, Ihr Projekt ist dann rasch gewachsen.

Ja, auch weil wir dafür Rückenwind vom Kirchenkreis, dem damaligen Superintendenten Ernst Voswinkel und vielen anderen bekommen haben. 1995 wurde Ralf Rathmann mit einer halben Stelle freigestellt, ich dann ein Jahr später. 2004 sind wir dann eine gemeinnützige GmbH geworden. Das Korsett der öffentlichen Verwaltung war zu eng geworden, wir mussten schneller und agiler in eigener Verantwortung handeln können. Und da hat die Kirche dann gesagt: „Okay, wenn Ihr so eine große Klappe habt, dann seht zu: Wir geben Euch einen Zuschuss und den Rest müsst Ihr selbst erwirtschaften.“

Ist das bis heute so?

Im Prinzip ja. Wir haben finanziell bei Null angefangen. Heute sind wir 30 Hauptamtliche und bis zu 150 Ehrenamtliche, haben eine eigene Verwaltung und einen Jahresetat von 1,2 Millionen Euro. Wir finanzieren uns aus kirchlichen und staatlichen Zuschüssen, Teilnehmerbeiträgen, Spenden und Sponsoring.

Und Sie sind zu einer Stiftung geworden.

Ja, das war ein großer Schritt für uns. Denn das heißt – was auch immer später mal von der Kirche oder vom Kreissynodalvorstand beschlossen werden sollte – unsere Arbeit kriegt man so schnell nicht mehr weg. Wir sind jetzt quasi auf Ewigkeit angelegt. Und wir haben zwar eine enge Verbindung und Verzahnung zur Landeskirche, aber wir sind selbstständig. Auch in unserer Gemeinde der Creativen Kirche, die 2012 vom Kirchenkreis gegründet wurde.

Ihr jüngster Coup kam 2016: Die Eröffnung der Pop-Akademie.

Ja, da hatten wir schon über zehn Jahre drauf hingearbeitet. Unser Gedanke war, dass wir in Bildung investieren müssen, dass wir Menschen befähigen müssen, die Musik, die wir machen, an andere qualifiziert weiterzugeben. Schließlich hat die Landeskirche uns den Auftrag gegeben, ein Konzept vorzulegen. Und jetzt haben wir in Witten einen Bachelor-Studiengang mit 21 Studierenden und 8000 Stunden Aus- und Weiterbildung für Ehrenamtliche im letzten Jahr.

Wenn Sie zurückblicken: Was war Ihr größter Erfolg?

Zahlenmäßig keine Frage das Pop-Oratorium Luther mit 30.000 Sängern und 130.000 Zuschauern – nicht gezählt die 1,7 Millionen, die die TV-Übertragung gesehen haben. Das war wie ein Rausch. Aber mehr noch zählt für mich, wenn – so wie letzte Woche – eine ältere Frau mich umarmt und sagt, wir hätten ihr eines der schönsten Erlebnisse ihres Lebens geschenkt.

Sind Sie auch mal gescheitert?

Natürlich. Wir haben viel ausprobiert und da gehört Scheitern dazu. Es gab Projekte, die nicht gut gelaufen sind – aber daraus haben wir auch viel gelernt. Und es gab auch Gegenwind und Brüche – etwa als wir aus Herbede mit dem Himmelwärts-Gottesdienst in den Saalbau gezogen sind. Das hat nicht jeder verstanden. Aber wir müssen in Bewegung bleiben, Weiterentwicklung ist das Wichtigste. Das Werden ist wichtiger als das Erreichte.

Ralf Rathmann und Sie haben die Creative Kirche gegründet, sind bis heute die Leiter. Wieviel von Ihnen beiden steckt in den Projekten und Strukturen?

Viel, ganz viel. Vor allem gelebte Leidenschaft. Aber alles andere ist vor allem eine riesige Teamleitung. Das ist eine Bewegung – und wir sind nur die Köpfe. Wir können alles ein bisschen – wir sind ein bisschen Musiker, ein bisschen Sozialarbeiter, ein bisschen Theologen und ein bisschen Betriebswirtschaftler. Aber was wir richtig gut können ist: Wir können die Dinge zusammenführen, wir haben eine Vorstellung von der Zukunft und dem Weg dorthin. Wenn ich mal Pause mache, habe ich immer gleich neue Ideen. Meine Frau macht ganz schön was mit, das kann ich Ihnen sagen...

Wenn Sie für die Zukunft einen Wunsch frei hätten...

...dann würde ich mir ein von Anfang an geordnetes Archiv wünschen. Nein, im Ernst: Wir haben es im letzten Jahr einmal in die heute-show im ZDF geschafft. „Nach uns die Singflut“ hat Oliver Welke damals gesagt. Wäre das nicht schön? Ich fände das toll. Denn wenn die Kirche voller Gesang ist, dann werden die Gottesdienste nicht gehalten, sondern richtig gefeiert. Unsere Herausforderung als Christen wird sein, die Menschen zu erreichen in einer Zeit, in der die Kirche keine Rolle mehr in ihrem Leben spielt. Und da müssen wir uns überlegen, was den Menschen guttut und wie wir ihnen dienen, damit sie Gott finden können. Aber ich bin ganz sicher: Da geht noch was!