witten. . In den Großstädten ist es manchmal schon zu viel des Guten, dafür herrscht in Witten meist absolute Stille. Straßenmusik bleibt weiter verboten.

In Düsseldorf setzen sich Straßenmusiker sogar mitten in der Fußgängerzone ans Klavier, in Witten wird jede Gitarre nach kurzer Zeit aus der Stadt verbannt. Die Ruhrstadt bleibt ein schlechtes Pflaster für die Kulturschaffenden, die den Hut rumgehen lassen. Daran können auch die Piraten nichts ändern, die im zweiten Anlauf mit einem Antrag pro Straßenmusik im Rat scheiterten.

Fraktionsmitglied Stefan Borggraefe war noch mal in die Bütt gegangen, um für das Anliegen seiner Partei zu werben. Es gehe darum, mehr Straßenkultur nach Witten zu holen und die Innenstadt zu beleben. Leider würden Straßenmusiker durch das Ordnungsamt sehr stark verdrängt, es gebe nicht einmal Einzel- oder Ausnahmegenehmigungen. „Wir wollen eine Verordnung, die Regeln für alle aufstellt. So dass auch für das Ordnungsamt klar ist, was geht und was nicht“.

Piraten: Das gehört zum Leben in der Innenstadt

Der Pirat sprach von einem „Interessenausgleich“, den man herbeiführen wolle. Dabei verwies er auf umliegende Städte wie Dortmund, die das gut geregelt hätten. Zum Beispiel dürfe man dort nicht dauerhaft an einer Stelle die gleiche Musik spielen. Ein Verbot, wie es Witten durchsetze, widerspreche außerdem der allgemeinen Handlungs- und Kunstfreiheit und somit dem Grundgesetz. Von den Anwohnern wünscht er sich Toleranz. „Das gehört nun einmal zum Leben in der Innenstadt dazu“, so Borggraefe.

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Rüdiger Fromme (SPD) sieht in Straßenmusik zwar ebenfalls einen Beitrag, um Leben ins Zentrum zu bringen. Den Antrag der Piraten hielt er aber für „sehr weitgehend“. Er sah darin keine Kontrollmöglichkeiten gewährleistet, die aber sehr wichtig seien. Deshalb lehnte seine Fraktion den Antrag ab – und hatte damit die Mehrheit der großen Koalition auf ihrer Seite. Es gab aber auch zwölf Stimmen für den Antrag der zweiköpfigen Piratenfraktion und sechs Enthaltungen.

Stadt beruft sich auf Landesimmissionsschutzgesetz

Enttäuscht zeigte sich einer, der selbst vier Jahre auf Wittens rauem Pflaster gesungen hat. „Ich habe zusammen mit einem Kollegen aus Kasachstan Straßenmusik gemacht“, sagt Manfred Schulz (55). Der Kasache spielte Akkordeon, Schulz trug vor. Man habe sich in dieser Zeit ein richtiges Repertoire aufgebaut. „Wir waren quasi die Wittener Stadtmusikanten“, sagt der großgewachsene Mann. Die Stadt habe das zunächst auch geduldet, „wir waren sogar bei der Bürgermeisterin“. Doch dann habe das Ordnungsamt die Dinge verschärft und Platzverweise ausgesprochen.

Die Behörde beruft sich auf das Landesimmissionsschutzgesetz. Straßenmusik sei dann zu verbieten, wenn sich jemand wegen der „Lärmbelästigung“ beschwere. Stefan Borggraefe von den Piraten widerspricht der SPD, man wolle gar keine Kontrolle. „Wir wünschen uns ja gerade Regeln“, sagt er., „damit fair kontrolliert wird.“ Manfred Schulz würde auch wieder singen, zumindest mit Akkordeonbegleitung.