Witten. . Der Paritätische wirbt mit einem Unterhaltungsprogramm für ihre Selbsthilfegruppen. Unterstützung kommt von Brigitte Lorenz und Andreas Wiese.

Zwar wäre Brigitte Lorenz nach dem Tod ihres Mannes nie zu einer Selbsthilfegruppe gegangen. „Weil mein Leid für mich zu groß war, um darüber zu sprechen“, sagt die einstige „The Voice of Germany“-Kandidatin. „Aber ich habe unglaublichen Respekt vor jedem, der zu einer Gruppe geht.“ Deshalb unterstützt die Wittener Sängerin die Selbsthilfe-Kontaktstelle des Paritätischen – die sich am Donnerstag, 20. September, vor der Stadtgalerie mit dem Selbsthilfe-Truck präsentiert.

Mehr Freundeskreis als Selbsthilfegruppe

Auf der mobilen Bühne wird von 11 bis 13 Uhr nicht nur gesungen (und der Gesang in Gebärdensprache übersetzt) – sondern auch Gymnastik gemacht und gekocht. „Wir werden zeigen, wie wir in unserer Gruppe jedes Jahr eigenen Senf herstellen“, verrät Manfred Freund, von „Aktiv suchtfrei“, eine der rund 60 Gruppen in Wetter, Witten und Herdecke, in denen mehr getan wird als bloß im Stuhlkreis zu sitzen. „Wir unternehmen das, was auch Freunde machen, nur eben ohne Alkohol“, ergänzt Uli Krips, der 1996 zu den Alkohol- und Medikamentenabhängigen gestoßen ist.

„Manche gehen in einen Sportclub, andere kommen eben zu uns“, sagt Anke Steuer, Beraterin in der Kontaktstelle. „Eine Selbsthilfegruppe ist wie ein Lifestyle.“ Ein Lebensstil, für den man sich bewusst entscheiden muss. Denn eine Selbsthilfegruppe muss nicht für jeden Mensch mit Problemen wie Sucht, Trauer oder Krankheit etwas sein – wie Brigitte Lorenz, die stattdessen über eine Internetbörse für verwitwete Menschen ihr Leid mindern konnte. „Aber wir wollen im Truck mit falschen Vorstellungen aufräumen“, sagt Anke Steuer.

Großer Mangel an Therapieplätzen

Beispielsweise würden viele Menschen glauben, dass die Selbsthilfe eine Therapie ersetzen würde. „Dabei sitzen hier oft Leute, die therapieerfahren sind“, sagt Steuer. Die Aktivität in der Gruppe könne die Therapie ergänzen, im Anschluss stattfinden – oder während der Wartezeit auf eine Behandlung Stütze geben. „Bei Depression und Ängste gibt es einen großen Mangel an Therapieplätzen“, sagt Steuer. „Während man auf einen Termin wartet, tut es gut, sich mit Leuten auszutauschen, die einen verstehen.“

Denn auch wenn die Selbsthilfe mehr sein möchte als das Gespräch im Stuhlkreis, ist das Motto von Manfred Freund und seiner Gruppe weiterhin: „Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden!“ Jeder solle das Recht nutzen, seine Probleme in der Gruppe zu schildern. „Selbsthilfe kann man nicht nur konsumieren, man muss sich darauf einlassen“, ergänzt Anke Steuer.

Damit sich mehr Leute darüber Gedanken machen, ob diese Art mit Problemen umzugehen etwas für sie ist, bekommt der Selbsthilfetruck Unterstützung von Andreas Wiese. Der Leiter von Radio Ennepe Ruhr wird moderieren und bekundet viel Respekt für die Gesprächsgruppen: „Ich finde es sehr wichtig, wenn sich Leute ihren Problemen stellen!“

>> INFO: Kontaktstellen machen Halt in ganz NRW

  • Seit April und noch bis Oktober sind im ganzen Bundesland Selbsthilfe-Kontaktstellen und Landesorganisationen der Selbsthilfe mit mobilen Bühnen unterwegs. Die Aktion nennt sich „Selbsthilfe bewegt in NRW...“.
  • Weit m ehr als 1000 Menschen sind in rund 60 Gruppen in Witten, Wetter und Herdecke aktiv. Kontakt: Dortmunder Straße 13, 15 59, selbsthilfe-
    witten@paritaet-nrw.org. Dort gibt es auch Infos zum Programm.