Witten. . 2010 meldete sich die Steuerfahndung bei einem Wittener Ingenieur: Er soll Steuern in Höhe von knapp 500.000 Euro nicht gezahlt haben.
Wegen Steuerhinterziehung im großen Stil muss sich seit Donnerstag ein 61-jähriger Wittener vor dem Schöffengericht in Bochum verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, zwischen 2011 und 2016 in zwölf Fällen Steuern in Höhe von knapp 500.000 Euro verkürzt zu haben. Der wirtschaftliche Schaden betrage rund 290.000 Euro. Laut Anklage soll der Mann weder Umsatzsteuerjahreserklärungen, noch Einkommenssteuererklärungen abgegeben haben.
Der Angeklagte ist selbstständig und betreibt ein Ingenieurbüro. Mit den steuerlichen Angelegenheiten war ein Steuerberater beauftragt. 2010 meldete sich die Steuerfahndung und es erfolgte eine Steuerschätzung. Der Mann selbst wurde nicht als Beschuldigter vernommen, sondern lediglich sein Steuerberater – was das Gericht erstaunte. „Ich habe dem Steuerberater vertraut. Er sagte, er kümmere sich darum“, schilderte der Angeklagte.
Steuerschulden längst beglichen
Dann hörte er jahrelang nichts mehr vom Finanzamt, bis 2014 das Strafverfahren eingeleitet wurde. Die in Rede stehenden Steuerschulden hat der Mann längst beglichen. „Vermutlich ist gar kein Steuerschaden entstanden, sondern im Gegenteil eine Überzahlung“, vermutete Vorsitzender Richter Dr. Karl-Heinz Bösken.
Auch interessant
Wieso der Steuerberater „Null Umsatzsteuer“ erklärt habe, wollte das Gericht wissen – eine Frage, die der Angeklagte nicht beantworten konnte. „Der Steuerberater hatte schließlich Zugriff auf meine Kontounterlagen und hätte die Umsatzsteuer korrekt anweisen können“, erläuterte der Ingenieur.
Steuerberater als Zeuge geladen
Das Gericht wies darauf hin, dass ein Strafverfahren gegen den Steuerberater eingeleitet werden müsse, da der Verdacht bestehe, dass er sich zumindest der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig gemacht habe. „Wieso haben Sie nicht reagiert und Ihren Steuerberater rausgeworfen?“, wollte Vorsitzender Richter Dr. Bösken wissen. Und warum habe er noch im Dezember 2017 eine Vollmacht für diesen Steuerberater und Anwalt unterschrieben? „Damit haben Sie doch den Bock zum Gärtner gemacht“, meinte der Richter.
Der Angeklagte erklärte, dass der Mann seine gesamten Steuerunterlagen gehabt habe und zugesagt habe, die Angelegenheit mit dem Finanzamt zu klären. Das erfolgte allerdings nicht bzw. nicht wie vom Ingenieur gewünscht. Das Gericht will den Steuerberater und Anwalt als Zeugen hören. Der Prozess soll am 20. September fortgesetzt werden.