Witten. . Die Frauenklinik des Marien-Hospitals ist als Dysplasie-Einheit zertifiziert worden. Bundesweit verfügen nur 24 Kliniken über diese Technik.
Rund 4500 Frauen erhalten in Deutschland jährlich die Diagnose Gebärmutterhalskrebs. Dysplasien, Zellveränderungen, können eine Vorstufe der Erkrankung darstellen und sich zu einem bösartigen Tumor entwickeln. Um dies durch eine qualifizierte, frühzeitige Diagnose zu verhindern, gibt es bundesweit 24 Kliniken, die über sogenannte Dysplasie-Einheiten verfügen. Darunter die Frauenklinik des Wittener Marien-Hospitals, die hierfür von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert wurde.
Als Dysplasie werden Zellveränderungen am Gebärmutterhals oder im Bereich des äußeren Genitals der Frau bezeichnet. Hauptursache hierfür sind Humane Papillomviren (HPV), die besonders bei jungen Frauen weit verbreitet sind und beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Prof. Sven Schiermeier, Chefarzt der Frauenklinik und Geburtshilfe des Marien-Hospitals: „Die meisten Frauen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit Humanen Papillomviren.“
Meist verlaufe die Infektion harmlos. „In der Regel kann das Immunsystem das Virus erfolgreich bekämpfen. Gelingt dies nicht, können Zellveränderungen entstehen. Man geht davon aus, dass zwischen der Infektion und dem Auftreten der Erkrankung rund zehn Jahre vergehen.“
Vorsorge reduziert Risiko einer Erkrankung deutlich
In den meisten Fällen, so betont der Gynäkologe, bildeten sich die Zellveränderungen aber nach einigen Monaten auch wieder von alleine zurück. Die Vorstufen einer bösartigen Veränderung treten laut Schiermeier besonders oft bei Frauen im Alter zwischen 30 und 34 Jahren auf. „Durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim niedergelassenen Frauenarzt können Vorstufen erkannt und entfernt werden, wodurch sich das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, bedeutend reduziert.“
Die Krebsvorstufen zu erkennen und zu behandeln, ist die Aufgabe der Spezialisten der Dysplasie-Einheit. Weist der Zellabstrich bei der frauenärztlichen Vorsorgeuntersuchung ein unklares, beziehungsweise auffälliges Ergebnis auf, können niedergelassene Gynäkologen ihre Patientinnen zur Abklärung des Befundes ans Marien-Hospital überweisen.
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Im Rahmen der dortigen Dysplasie-Sprechstunde erhalten die Frauen umfassende Erklärungen zu ihrem Befund. Ärzte sehen sich Zellveränderungen mithilfe eines Kolposkops an. Das Instrument ist mit einer Optik ausgestattet, die es ermöglicht, den Gebärmutterhals und die Scheide mit bis zu 40-facher Vergrößerung darzustellen.
Onkologische Behandlung durch Spezialisten
Können auffällige Stellen nicht sicher beurteilt werden, wird im Bereich des Gebärmutterhalses eine kleine Gewebeprobe entnommen und diese im Labor untersucht. Schiermeier: „So kann eine genaue Aussage über das Ausmaß und die Beschaffenheit der Zellveränderung getroffen werden.“ Nicht bei jeder Dysplasie-Diagnose müsse gehandelt werden, so der Frauenarzt. „Eine leichte Form muss nur regelmäßig beobachtet werden.“
Sollte ein bösartiger Tumor diagnostiziert werden, erfolgt eine onkologische Weiterbehandlung durch die Spezialisten im Gynäkologischen Krebszentrum des Marien-Hospitals. „Als gynäkologisches Krebszentrum und Dysplasie-Einheit bieten wir eine umfassende Diagnostik und Behandlung von bösartigen gynäkologischen Erkrankungen an: von der Früherkennung über die Diagnostik und operative Therapie bis hin zur Nachsorge“, erklärt Schiermeier.
Frau brachte trotz Krebs gesundes Baby zur Welt
Liegt eine hochgradige Dysplasie vor und ist die Familienplanung noch nicht abgeschlossen, muss der veränderte Bereich des Gebärmutterhalses entfernt werden. Einer Schwangerschaft stehe nach dem Eingriff in der Regel nichts im Wege. Selbst nach der Entfernung eines Karzinoms sei sie möglich.
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Schiermeier: „Wir haben im letzten Jahr eine Patientin behandelt, die trotz einer Gebärmutterhalskarzinom-Operation, ein gesundes Baby zur Welt gebracht hat.“ Bei abgeschlossener Familienplanung werde bei einer frühen Form des Gebärmutterhalskrebses meist die Gebärmutter entfernt.
Der Gynäkologe betont, dass die Zahl der Dysplasien durch eine HPV-Impfung gesenkt werden könne. „90 Prozent aller Gebärmutterhalskarzinome werden durch die neun häufigsten HP-Virustypen verursacht. Der Rest durch andere HP-Viren, daher kann eine Frau auch nach einer Impfung an einer Dysplasie erkranken.“ Die Impfung sollte zwischen dem 9. und dem 14. Lebensjahr und vor dem ersten Geschlechtsverkehr bei den niedergelassenen Frauenärzten durchgeführt werden.
Nur jedes dritte Mädchen ist geimpft
Schiermeier: „Eine Impfung kann die Wahrscheinlichkeit an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, deutlich verringern. Aber sie ersetzt keine Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt!“ Bislang sei nur knapp jedes dritte Mädchen in Deutschland geimpft. „Das ist eine viel zu geringe Impfrate.“
Australier impften auch Jungen gegen HP-Viren. „Beim Mann können sie zu einem Peniskarzinom führen. Außerdem können Männer Überträger von HP-Viren sein, ohne selbst Symptome zu zeigen.“ Wenn man von einer Übertragung durch Sex spreche, müsse man wissen, dass diese Viren auch auf Mundschleimhäuten und im Analbereich nachgewiesen werden. „Kondome sind daher kein sicherer Schutz.“
>>> MARIEN-HOSPITAL IST GYNÄKOLOGISCHES KREBSZENTRUM
Auch das Marien-Hospital Herne, das Essener Elisabeth- Krankenhaus und die Unikliniken Düsseldorf und Köln verfügen über Dysplasie-Einheiten.
Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) erteilt die Zertifizierung nur, wenn es in Kliniken erfahrene Ärzte, moderne Behandlungsverfahren und eine moderne apparative Ausstattung gibt. 2010 wurde die Frauenklinik des Marien-Hospitals Witten als Gynäkologisches Krebszentrum zertifiziert.