Witten. . Trotz mehrfacher Hinweise durch die Stadt Witten auf falsche Abrechnungen reagierte die Kreisverwaltung nicht. Nun laufen interne Prüfungen.

Es gibt derzeit entspanntere Jobs, als den des Landrats: Beim Thema VER, deren Beinahe-Aus und der künftigen Finanzplanung bläst Olaf Schade von einigen Fraktionen eisiger Wind ins Gesicht. Und dann ist da noch ein Komplex, der aktuell für kollektiven Ärger sorgt. Seit dem Jahr 2005 hat die Kreisverwaltung bei den Krankenkassen neun Millionen Euro zu wenig für Rettungsdiensteinsätze abgerechnet – das sorgt nun für Streit.

Denn dafür hagelte es nun fraktionsübergreifend harsche Töne in Richtung der Kreisverwaltung. Einhelliger Tenor: „So etwas darf überhaupt niemals passieren.“ Michael Schäfer, der den Sachverhalt in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses aus Sicht der Verwaltung erläuterte, macht keinen Hehl aus dem Versagen der Behörde an dieser Stelle: „Das war ein gravierender Fehler und hätte auffallen müssen.“

Im Jahr 2005 die Abrechnung an Witten übertragen

Konkret hat der Ennepe-Ruhr-Kreis im Jahr 2005 die Abrechnung von Rettungsdienst und Krankentransporten an die Stadt Witten übertragen. Die sandte die Daten an die Kreisverwaltung. Traten allerdings Korrekturen auf, wurden diese nicht übernommen. In tausenden Fällen während der vergangenen zwölf Jahre forderte der Ennepe-Ruhr-Kreis insgesamt neun Millionen Euro zu wenig von den Krankenkassen.

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Bildnummer: 53537995 Datum: 16.10.2009 Copyright: imago/Norbert Fellechner Ein Retter versorgt am Freitag (16.10.09) am Grenzbahnhof Ahlbeck (Ostvorpommern) [Insel Usedom] eine verletzte Person. Am deutsch ? polnischen Grenzübergang fand am Abend erstmalig eine großangelegte Notfallübung der Usedomer Bäderbahn (UBB) und der UBB Polska statt. Bei dieser probten 350 Einsatzkräfte aus Polen und Deutschland das Zusammenspiel bei der Gefahrenabwehr, die Zusammenarbeit der Bahnbetreiber in einem Notfall und das Krisenmanagement zwischen der Stadt Swinemünde und deutschen Behörden. Daraufhin wurde Bahnhof für die Zeit der Übung voll gesperrt, zwischen deutscher und polnischer Seite ein Shuttle Verkehr eingerichtet und der Grenzparkplatz in eine Übergabestelle für Verletzte Personen umfunktioniert. Auf ihm nahmen Retter, Sanitäter und Ärzte die Erstversorgung der Verletzten vor und entschieden über den Abtransport der Kranken in die Krankenhäuser auf deutscher und polnischer Seite. Dabei hatten sie während der Übung unter anderem Schnittverletzungen Knochenbrüche und lebensbedrohliche Zustände zu versorgen. Diese wurde von Deutschland und Polen ein Jahr lang vorbereitet. Größte Herausforderung war es dabei, Kräfte aus dem regulären Dienst für die Zeit der Rettungsmaßnahmen herauszulösen. Notfallübung am Grenzübergang Ahlbeck Deutschland Polen Rettungsübung Notarzt Erste Hilfe Notfallübung kbdig xcb 2009 quer Mecklenburg Vorpommern Querformat Helfen Retten Bergen Erste Hilfe Notfall Übung Krise Ahlbeck Symbol Symbolbild Symbolfoto Feature Ilustration Bahn Zug Zühe Polen Deutschland Unternehmen Firma Vermischtes Wirtschaft Betriebe UBB UBB Polska Erste Hilhe Bäderbahn Zusammenarbeit Kooperation Training Behörden Behörde Grenze Notfallsituation Szenario Üben Stadt Städte Partnerschaft Rettungskräfte Retter Gefahr Gefahrenabwehr Gefahrensituation Personen Schienenfahrzeuge Sicherheit Krisenmanagement Helfer Feuerwehr Abend Nacht Nachtaufnahme Draußen Aussen Einsatz
Auch künftig muss keiner im EN-Kreis Notarzt selbst zahlen
Von Andreas Gruber und Michael Vaupel

Obwohl es mehrfach telefonische Hinweise auf Fehler in der Abrechnung von Seiten der Stadt Witten gegeben hat, reagierte die zuständige Stelle in der Kreisverwaltung nicht. „Durch ständig steigende Fallzahlen entstand nie ein Fehlbetrag“, sagt Schäfer. Bis zur Schlussrechnung für das Jahr 2015, die nun durchgeführt wurde. Da mussten 310 000 Euro aus dem Kreishaushalt zugeschossen werden. So fiel der Fehler auf. Und so waren über Jahre die Verhandlungen der Verwaltung mit den Krankenkassen auf Basis zu kleiner Zahlen geführt worden, die Gebühren dementsprechend zu niedrig angesetzt worden.

Sieben Millionen Euro sind fraglich

Ein Teil des Problems lässt sich laut Michael Schäfer problemlos lösen: Die Soll-Bereinigung für das aktuelle Jahr läuft bereits, für die Jahre 2014 bis 2016 können die Defizite in die Verhandlungen mit den Krankenkassen einbezogen werden. Knackpunkt: die sieben Millionen Euro, die von 2005 bis 2013 nicht abgerechnet wurden. Hier herrschen zwar getrennte Rechtsauffassungen, aber die Chance, dass die Krankenkassen an dieser Stelle einlenken und klaglos nachträglich zahlen, scheint nicht groß zu sein.

Interne Prüfungen in der Verwaltung laufen, auch ein externes Gutachten soll eingeholt werden. Die Fraktion der Freien Wähler/Piratenpartei richtete einen Fragenkatalog an den Landrat:

  • „Wie hoch belaufen sich die Defizite in den Jahren 2005 bis 2016?
  • Sind konkrete Jahresbeträge zu beziffern?
  • Wurden die jeweiligen Defizite (unwissentlich) in die Berechnung der Kreisumlage einbezogen?
  • Hatte der Vertrag zwischen dem Ennepe-Ruhr-Kreis und der Stadt Witten grundlegende Mängel bei der Berücksichtigung der Kassensysteme?
  • Hatte vor dem Vertragsabschluss eine entsprechende Rechts- und Fachberatung stattgefunden?
  • Ab wann gab es Hinweise der Stadt Witten zur Problematik der Mehrfachbuchungen?
  • Gab es bei Mitarbeitern der Kreisverwaltung mangelnde Sorgfalt im Verwaltungshandeln, nachdem die Stadt Witten auf die Problemlage hingewiesen hatte?“

Nun lautet der Vorschlag der Kreisverwaltung: das Defizit zunächst aus der allgemeinen Rücklage – die dann aufgezehrt wäre, zu kompensieren. Im Jahr 2019 sollen die Gebühren so weit erhöht – und von den Krankenkassen bezahlt – werden, dass der entstehende Überschuss wieder in die Rücklage fließt.

>>> INFO: Finanzierung: Kreispolitiker sind in Sorge

  • Bei den Kreispolitikern schrillen die Alarmglocken: Ist das rechtlich möglich, den Kreishaushalt über den Gebührenhaushalt quer zu finanzieren, fragen sie – Und: ­Müssen diejenigen, die einen Rettungswagen rufen, dann selbst in die Tasche greifen, wenn die Krankenkassen die zu hohen Sätze nicht bezahlen müssen?
  • Auch dies will die Kreisverwaltung in den kommenden Wochen prüfen.