Witten. Hohe Verluste für SPD und CDU auch in Witten. Sozialdemokrat Ralf Kapschack verteidigt knapper als erwartet sein Direktmandat im Wahlkreis 139.
- Die ersten Prognosen für die Bundestagswahl wurden in Witten mit Betroffenheit gerade bei den großen Parteien aufgenommen
- Allseits herrscht Entsetzen über den Erfolg der AfD
- Ralf Kapschack (SPD) spricht von einer bitteren Niederlage seiner Partei
Nein, den Blumenstrauß der Bürgermeisterin will SPD-Bundestagskandidat Ralf Kapschack um halb acht noch nicht annehmen. Der BVB-Fan weiß, dass ein Spiel erst nach 90 Minuten zu Ende ist. Und tatsächlich wurde es auf der Zielgeraden noch mal knapper als gedacht für den Amtsinhaber.
Wer hätte gedacht, dass ein SPD-Politiker im ewig roten EN-Kreis eines Tages noch fast um sein Direktmandat bangen müsste? Tatsächlich liegt CDU-Kontrahent Ralf Brauksiepe im Wahlkreis 139 nach zahlreichen ausgezählten Stimmbezirken nur noch drei Punkte hinter Kapschack. Der macht schließlich das Rennen, verfehlt aber deutlich sein Ergebnis von vor vier Jahren.
Abwärtstrend der Bundespartei schlägt durch
„Wenn die Bundespartei bei 20 Prozent liegt, schlägt das natürlich durch“, sagt der Schneer. „Alles andere als schön“, kommentiert er die eigenen Verluste und die seiner Partei, betont aber: „Es ist wichtig, den Wahlkreis zu holen. Wenn’s sein muss, auch mit einer Stimme.“
Kapschack spricht von einer bitteren Niederlage seiner Partei, wenngleich die CDU ebenfalls deutlich verloren habe. Er begrüßt die Ankündigung von Parteichef Schulz, in die Opposition gehen zu wollen. Trotz guter Arbeit in der Bundesregierung, die auch Städten wie Witten zugute gekommen sei, habe es die SPD nicht verstanden, die Wähler zu überzeugen.
Beide Abgeordnete für Witten – Brauksiepe zieht wieder über die Landesliste ein – schneiden besser als ihre Partei ab. Sowohl SPD als auch CDU lassen in Witten deutlich Federn. Große Gewinner sind die FDP und die AfD. Linke und Grüne bleiben relativ stabil.
CDU: „Wahlsieg mit sehr viel Schatten“
Als die ersten Hochrechnungen die Rechtspopulisten bundesweit bei über 13 Prozent sehen, stoßen einzelne Zuschauer im Ratssaal Entsetzensschreie aus. „Das kann doch gar nicht sein“, ruft eine Frau. Über zehn Prozent soll die AfD am Ende in Witten bekommen. SPD-Ratsfrau Patricia Podolski ist „fassungslos. Das ist jetzt ein anderes Land“, sagt sie.
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Landtagsabgeordnete Verena Schäffer (Grüne): „Furchtbar. Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte sitzen Neonazis im Parlament.“ Mit dem einstelligen Ergebnis der Grünen ist die Wittenerin nicht zufrieden.
Keinen Grund zum Jubeln hat die CDU. „Erschüttert“ ist einer wie Hevens Ortsvereinsvorsitzender Siegfried Hillert, der seit 40 Jahren der Partei angehört. Wie so viele hatte er geglaubt, dass die Wähler auf „erfahrene Führung“ setzen, sprich die Kanzlerin. Parteichef Ulrich Oberste-Padtberg spricht im Bund von einem „Wahlsieg mit sehr viel Schatten und der schwersten Regierungsbildung seit 60 Jahren“.