Witten. . Die Anwohner mussten ihre Häuser nicht verlassen. Doch herrschte Unsicherheit – nur nicht bei Manfred Richter, der buddelte bereits Bomben aus.
Dass sie womöglich evakuiert würden, das überraschte die Anwohner des Sonnenscheins völlig. Manche lasen es dienstagmorgens in der Zeitung, manche hörten es im Radio.
Häufig waren es die Kinder oder Enkel, die die Nachricht im Internet entdeckt hatten – etwa auf der unserer Facebookseite. Muss man nun das Haus verlassen oder nicht? Die Verunsicherung ist groß.
Die Hoffnung auf Informationen
Viele ältere Leute leben in den von der Straße Sonnenschein abzweigenden Siedlungen – wie der Finkenstraße, dem Drosselweg oder dem Goldammerweg. Sie wohnen meist in Mehrfamilienhäusern, am Dienstagvormittag aber stehen viele von ihnen auf der Straße und hoffen auf Informationen.
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Regelmäßig fährt ein Einsatzwagen der Polizei oder der Feuerwehr vorbei. Am Ende des Zaunkönigwegs kann man über das Stoppelfeld sehen – wo ein Bagger Löcher zuschüttet und ein anderer mit einem viele Meter langen Bohrgestänge ins Erdinnere eindringt. Was sich da tut? Das kann keiner nachvollziehen.
Anwohnerin fährt in die Sauna
Christine Farraumand setzt sich schulterzuckend ins Auto. „Egal, ob wir nun evakuiert werden oder nicht. Ich geh’ in die Sauna“, sagt sie. „Ich habe sowieso eine Dauerkarte für Heveney.“ Diese Leichtigkeit teilen nicht alle Anwohner des Zaunkönigwegs. Kathrin Spennemann fühlt sich „wie auf rohen Eiern“.
Einen Arzttermin am Morgen sagte sie ab, weil sie nicht wusste, ob sie anschließend noch ins Haus könnte. Sie wollte sich bei ihrer Tochter in Bommern einquartieren, abends essen gehen.
Dass eine Evakuierung bevorstehen könnte, hielt sie erst für einen Witz. Dann verdichteten sich die Hinweise. Eine Nachbarin wurde sogar von ihrer Tochter aus Schweden informiert, die ins Internet geguckt hatte.
„Es gibt noch nicht mal Mittagessen“
Beim Ehepaar Manfred und Gretl Richter treffen sowieso zwei verschiedene Temperamente aufeinander und so unterschiedlich ist der Umgang mit der Unsicherheit. „Wir bleiben“, brummt Manfred, während sie seit sechs Uhr morgens die wichtigsten Sachen und Unterlagen zusammenräumt, unruhig zwischen Fenster und Straße hin- und hertigert. „Es gibt noch nicht mal Mittagessen“, möppert er.
Phosphorbomben – die kennt Manfred Richter, Baujahr 1935, bestens: „Die haben wir als Kinder immer weggeschmissen.“ Erst kürzlich habe er eine beim Umgraben in seinem Schrebergarten am WTV-Platz ausgebuddelt. „Ich bin seit 47 Jahren Schrebergärtner!“ Ja, und was hat er mit der Stabbombe gemacht? Da winkt er ab: „Die Polizei gerufen, die haben die mitgenommen.“