Die Stadtwerke senken zum 1. Oktober zum dritten Mal in diesem Jahr den Gaspreis. Und ärgern sich: Denn stadtweit werben Konkurrenten mit Tarifen, die günstiger sind als die der Stadtwerke.
Der Wittener Energieversorger spricht von „Kampfpreisen” und wirft den Mitbewerbern vor, mit falschen Karten zu spielen. Denn entweder gäbe dort es keinen akzeptablen Service, eine in Witten nicht zulässige Querfinanzierung durch andere Unternehmenssparten - oder aber Kunden in Stammgebieten dieser Anbieter müssten die dicke Rechnung zahlen.
Zählerstand
Jeder Gaskunde kann seinen Zählerstand zum 1. Oktober den Stadtwerken mitteilen.
Wer seinen Zählerstand nicht mitteilt, dessen anteiliger Gasverbrauch wird auf wissenschaftlicher Grundlage berechnet. Ein Ablesen der 26 800 Zähler würde sonst 100 000 Euro kosten. Eine „Retourkutsche” mit Dumpingpreisen andernorts dürften die Stadtwerke Witten wegen der kommunalen Beteiligung nicht fahren.
Von 5,97 auf 5,5 Cent pro Kilowattstunde sinkt der Gaspreis für den Durchschnittsverbraucher zum 1. Oktober. Damit liegt Witten im Schnitt der übrigen Anbieter auch - RWE beispielsweise bietet die Kilowattstunde im Tarif „Erdgas pur” nur um sechs Hundertstel Cent billiger an. Dafür würde man vielleicht nicht unbedingt wechseln, doch der Essener Energie-Gigant lockt mit einem Grundpreis von 83,40 Euro pro Jahr und Zähler. Die Stadtwerke nehmen dagegen je nach Verbrauch bis zu 200,79 Euro. Und da wird man nun doch nachdenklich.
Bei den Stadtwerken auch. Dort hat man festgestellt, dass RWE, um beim Beispiel zu bleiben, in unterschiedlichen Städten unterschiedliche Preise nimmt. Thorsten Coß, Leiter der Rechtsabteilung der Stadtwerke: „In Castrop-Rauxel etwa zahlt ein Kunde dieser Firma im Tarif ,Erdgas klassik' 171,36 Euro Grundpreis und 5,72 Cent pro Kilowattstunde.” Sein Fazit, das sich nicht nur auf den Essener Konzern, sondern auch auf zahlreiche Mitanbieter erstreckt: „Hier wird mit Kampfpreisen zur Markteroberung in Witten gewildert.”
So weisen sie nur auf das Kleingedruckte der insgesamt zwölf Unternehmen hin, die in Witten Gas anbieten. Prokurist Karl-Heinrich Meiser: „Das eine Unternehmen verlangt 12 Monate Vorauskasse und 200 Euro Kaution. Das andere will zuerst Schufa-Auskünfte und muss gar nicht jeden nehmen. Wir versuchen, als Grundversorger einen reellen Preis anzubieten und geben die Kosten an den Verbraucher weiter.”
Wobei Gasverkauf für die Stadtwerke ein Verlustgeschäft sei, denn keiner der Tarife sei Kosten deckend. Kosten deckend wäre ein Grundpreis von 205,66 Euro - den zahlt aber keiner. Im Umkehrschluss bedeute das, so Meiser: „Irgendwo im Grundversorgungs-Bereich der günstigeren Anbieter sitzt ein Kunde, der das preiswerte Wittener Angebot mitbezahlen muss.”
Nun könnte man ja sagen, ist mir egal, Hauptsache, mein Gas ist preiswert. Coß: „Niemand garantiert, dass die Preise der jetzt billigeren Anbieter auch Bestand haben. Unsere Kunden sollen wissen: Wir zocken euch nicht ab.”