Witten. . Der 54-Jährige möchte weiter vor der Wittener Stadtgalerie übernachten. Das Wohnheimzimmer und den Platz in der Notschlafstelle schlug er aus.

  • Seit Jahresanfang lebt Bernd (54) auf der Straße, meist am Eingang der Stadtgalerie
  • Nach unserem ersten Bericht hat der Obdachlose viel Hilfe erfahren. Er hat sich aber gegen eine neue Bleibe entschieden
  • Helferin: Wohnungslosenheim ist in einem schlimmen Zustand. Es gibt nichtmals warmes Wasser

Vor gut einer Woche haben wir von Bernd erzählt, der seit Jahresanfang auf der Straße lebt. Viele kennen den Obdachlosen, weil er am Hinterausgang der Stadtgalerie sitzt. Seit diesem Bericht hat Bernd viel Hilfe erfahren – und doch ist er nun an seinen Stammplatz zurückgekehrt.

Steffi Neto Mendonca ärgert sich, aber „ich weiß ja, dass es immer wieder Rückschläge gibt“. In Witten müsse keiner auf der Straße leben, man müsse die Hilfe einfach annehmen. Aber Bernd hat sich weiter für ein Leben draußen entschieden und nur die Visitenkarten akzeptiert. Notfalls könne er sich bei ihr, der Caritas oder der Diakonie nochmal melden.

Was soll ich denn in Gevelsberg?

Michael Raddatz von der Caritas hatte für Bernd einen Platz in einem Haus für Suchterkrankte von Bethel in Gevelsberg organisiert. Am Donnerstag packte er Bernd und seine Habseligkeiten ein und fuhr ihn hin. Gestern Morgen sitzt Bernd wieder an der Stadtgalerie. „Was soll ich denn in Gevelsberg? Das ist total weit draußen.“ Er sei Wittener.

Auch in der Notschlafstelle In der Mark, zu der Steffi Neto Mendonca ihn gebracht hatte, gefiel es ihm nicht. „Das ist ein Zimmer mit sechs Schlafmöglichkeiten“, sagt Steffi. „Etwas für den Notfall, aber das enge Zusammenleben mit anderen kann nicht jeder haben.“

Bernd bleibt stur

Bernd jedenfalls hat sich entschieden, das alte Spiel wieder aufzunehmen. Nachts sitzt er im warmen Durchgang der Stadtgalerie. Wenn die Geschäfte aufmachen, zieht der 54-Jährige um, vor die Tür. „Dabei tu' ich doch keinem was“, sagt er. Im Bahnhof habe er Hausverbot, in der Stadtgalerie gehe es mal so mal so. „Wenn der Hausmeister wieder meckert, setz' ich mich draußen auf eine Mauer.“ Bernd bleibt stur.

Mittlerweile kennen ihn viele Passanten. Zwei junge Frauen schenken ihm Tabak, manche grüßen. Bernd erzählt mit Tränen in den Augen von seinem „normalen Leben“, als er im Hammertal wohnte, mit Frau, drei Kindern, Hund, festem Job bei Pilkington.

Wohnungslosenheim in schlimmem Zustand

Ein bisschen versteht Steffi Neto Mendonca ihn sogar – denn in Witten gibt es keine gute Alternative für Obdachlose. „Ich würde mir wünschen, dass es ein vernünftiges Haus für solche Menschen gibt.“ Das Heim am Mühlengraben befände sich in einem schlimmen Zustand, Dach, Fassade, Wasserboiler seien kaputt. Es gibt kein fließend warmes Wasser, vor allem keine abschließbaren Zimmer.

„Da muss endlich was passieren“, sagt sie, zumal viele der – meist süchtigen – Bewohner dort ihr Leben lang wohnen werden. „Welcher Vermieter nimmt solche Leute auf?“ Wahrscheinlich fänden sich sogar Privatleute oder Firmen, die Baumaterialien spenden würden, um das Haus zu sanieren. Man müsste die Hilfe nur koordinieren.

Dass auf konkrete Aufrufe viele Leute reagieren, hat sie schon oft erlebt. „Die Leute spenden Klamotten oder bringen Lebensmittel am Mühlengraben vorbei. Eine Frau hat den Leuten sogar ihr Wunschessen gekocht.“