Witten/Bochum. Das Freizeitzentrum Kemnade, das sich um Spaßbad und Sauna, aber auch den See kümmert, widmet sich neuen Aktivitäten. Es will Schafe halten.

  • FZK will sich 20 Rhönschafe anschaffen, die den Bärenklau am Stausee bekämpfen sollen
  • Langjährigem Schäfer aus Essen wurde mit seiner großen Herde von 500 Tieren gekündigt
  • Freizeitzentrum: Giftige Pflanzen nicht richtig beseitigt und viele Klagen über dreckige Wege

Das Freizeitzentrum Kemnade geht unter die Schafzüchter. Es will dauerhaft eine kleine Herde mit 20 Tieren anschaffen. Sie sollen vor allem den für Menschen giftigen Bärenklau in den Uferböschungen am Stausee fressen. Sauer ist der langjährige Schäfer, dem das FZK kündigte.

Schon im Frühjahr, etwa April, könnten die Schafe am See weiden. Zunächst einmal müssen sie sich in einem Stall aneinander gewöhnen. Gleich neben seinem Verwaltungsgebäude an der Seestraße will das FZK einen offenen Verschlag errichten, wo die Tier zwischen November und März unterkommen. Den Rest des Jahres verbringen sie dann auf den Wiesen am See.

Zehn Jahre Vertrag mit Halter aus Essen

Nun wären Schafe kein ganz neuer Anblick am Kemnader Stausee. Fast zehn Jahre hatte das Freizeitzentrum einen Vertrag mit Wilfried Münstermann, einem Halter aus Essen. Dessen 500 Tiere grasten regelmäßig auf den Grünflächen. Die Vereinbarung war praktisch für beide Seiten. Das FZK sparte sich das Mähen von bis zu zehn Hektar, der Schäfer hatte einen optimalen Weideplatz. Doch das Verhältnis bekam Risse.

So häuften sich beim Freizeitzentrum Klagen über verschmutze Wege. „Ich habe ordnerweise Beschwerden von Wittener Bürgern“, erklärt Verwaltungsleiterin Franziska Weiße. Weil die Beeinträchtigung für die Besucher am See zu groß sei, wolle man keine große Herde mehr einsetzen. Außerdem war das FZK als Verpächter nicht mehr damit zufrieden, wie dem Bärenklau in den laut FZK für eine größere Herde schwerer zugänglichen Uferböschungen zu Leibe gerückt wurde. Weiße: „Mal wurde es gemacht, mal wieder nicht. Eher nicht.“ Fazit: Der Schäfer habe sich nicht an Vereinbarungen gehalten.

Das sieht der naturgemäß anders. In einem Schreiben an Wittener Ratsfraktionen beklagt Münstermann unter anderem, dass ihm im letzten Frühjahr rund 60.000 Quadratmeter „nach Gutsherrenart“ abgenommen worden seien – mit dem Versprechen, für Ersatz zu sorgen. Daraus sei nie etwas geworden. In der Vergangenheit, als der Geschäftsführer noch Perner hieß, sei dagegen alles reibungslos gelaufen. Was den Bärenklau angeht, schrieb der Profi-Schäfer: „Die Herdengröße war nötig, um zehn Jahre lang eine Bärenklaubekämpfung erfolgreich durchführen zu können.“

Beide Seiten fanden nicht mehr zueinander und das FZK kündigte dem Halter der 500 Schafe. Beraten von der Landwirtschaftskammer, will es nun eine eigene, viel kleinere Herde anschaffen – 20 robuste Rhönschafe, die sich nicht am Bärenklau verletzen. In ein paar Jahren soll die giftige Pflanze endgültig beseitigt sein. 5000 Euro werden investiert, die jährlichen Kosten mit 1500 Euro beziffert.

Technischer Betrieb kümmert sich um neue Herde

Die Schafe sollen aber nicht als „Rasenmäher“ benutzt werden, betont das Freizeitzentrum. Für die großen Flächen gebe es inzwischen effizientere Maschinen. Es gehe um eine artgerechte Haltung sowie ökologische und nachhaltige Landschaftspflege. Der Technische Betrieb kümmern sich um die Tiere. Nur frei laufende Hunde bereiten den Mitarbeitern Sorgen. Fall einmal etwas passiert – die FZK-Schäfer sind bald ständig auf einem „Schafshandy“ erreichbar.

>>> Das sagt der gekündigte Schäfer:

Trotz der Kündigung durch das Freizeitzentrum ist das Kapital „Kemnader See“ für Schafzüchter Wilfried Münstermann noch nicht beendet. In einem Schreiben an das Landwirtschafts- und Umweltministerium in Düsseldorf kritisiert er, dass die Bärenklaubekämpfung am See nun unterbrochen werde.

Wenn das FZK den für Menschen giftigen Pflanzen bald mit einer eigenen Herde von 20 Tieren zu Leibe rücken wolle, sei das so, „als ob man mit einem Eimer Sand die Sahara wieder auffüllen würde“, sagt der 76-Jährige. Wenn der Bärenklau explodierte, seien selbst seine 500 Tiere kaum genug gewesen. „Der damalige Geschäftsführer hat mich extra aufgefordert, die Herde zu vergrößern, um sichtbare Erfolge in der Bärenklau-Bekämpfung nachweisen zu können.“

Pflege sogar von EU-Kommission gewürdigt

Münstermann verweist auf andere Auftraggeber, deren Flächen er zu deren vollster Zufriedenheit von seinen Schafen habe „pflegen“ lassen, zum Beispiel Bärenklau-Wiesen der Biologischen Station am Katzenstein sowie Flächen der Stadtwerke Bochum und Hattingen an der Ruhr. Als von der Kündigung des Freizeitzentrums Kemnade noch keine Rede gewesen sei, habe sogar die EU-Kommission die Landschaftspflege durch seine Schafe am Stausee gewürdigt, so der Halter.

Enttäuscht ist er auch darüber, dass ihm keine versprochenen Ersatzflächen zur Verfügung gestellt wurden, nachdem man ihm im Frühjahr 2016 rund 60.000 Quadratmeter abgenommen habe. Das Freizeitzentrum hatte Flächen für seine neue Kite-Buggy-Schule benötigt.

Einsparungen von jährlich 35.000 Euro

Die Bekämpfung des Bärenklaus sei auch für seine große Herde kein Problem gewesen, sagt der Essener Landwirt. Die betroffenen Bereiche seien hochwasserfrei und die Tiere hätten dort mühelos die Herkulesstauden fressen können. Der frühere Kemnade-Geschäftsführer Wilfried Perner habe ihm Einsparungen von jährlich 35 000 Euro durch den Einsatz der Schafe bescheinigt.

Der Bärenklau wächst besonders auf der Halbinsel mit dem Leuchtturm, in Böschungen zwischen dem Hafen Heveney und dem Freizeitbad (Richtung Ölbach) , am Herbeder Südufer – etwa im Bereich des Kiosks – bis zum Stauwehr und auf der „Nudistenwiese“ auf Bochumer Seeseite.

„Da waren die Wildgänse drauf“

Was die Verschmutzung der Wege angeht, sagt Münstermann: „Da waren die Wildgänse drauf.“ Dass hin und wieder auch ein Schafsköttel aufs Pflaster fiel, bestreitet er aber nicht. Der verärgerte Halter wird die Sache jedenfalls nicht auf sich beruhen lassen. Er hofft auf eine Antwort aus Düsseldorf und will sogar überörtliche Medien einschalten. „Den Spiegel schreibe ich auch an.“