Witten.

David Hornemann von Laer hat über Michelangelos Fresken seine Doktorarbeit geschrieben. Geschrieben haben darüber schon viele Gelehrte. Sein Ansatz ist aber ein besonderer: Er näherte sich den Weken so unbefangen wie möglich – und damit auch so unbelastet wie möglich

Jeder kennt sie – die Deckenbilder der Sixtinischen Kapelle finden sich sogar auf Jugendzimmer-Postern. Und wer schon einmal in Rom war, hat sich Michelangelos Kunstwerk sicherlich angeschaut. David Hornemann von Laer hat an der Uni Witten/Herdecke über die Fresken seine Doktorarbeit geschrieben. Und die ist jetzt in einem wirklich ansehnlichen Buch erschienen.

Das x-te Buch also über die sixtinischen Fresken, könnte man denken. Viele Wissenschaftler haben sich in den letzten Jahrhunderten kluge Gedanken über die Malereien gemacht und diese in Büchern verpackt. Doch der Ansatz von David Hornemann von Laer ist ein ganz besonderer: Er näherte sich den Fresken so unbefangen wie möglich – und damit auch so unbelastet wie möglich von früheren Interpretationen.

Überwältigt von der Kunst

Er ließ also Michelangelos Kunst auf sich wirken – die Farben, die Figuren, die Szene. „Zunächst ist man natürlich überwältigt, aber dann sollte man ganz genau hinsehen und lernen, seinen Augen zu trauen”, erklärt Hornemann von Laer seine Herangehensweise. Und so zeigt er auch populäre Irrtümer auf, wie zum Beispiel bei Michelangelos bekanntestem Fresko „Die Erschaffung Adams” die Finger Gottes und Adams nicht berühren: „In 80 Prozent der Forschungsliteratur steht, dass sich die Finger berühren, was sie definitiv nicht tun”, so der Autor. „Selbst auf der Internetseite der Vatikanischen Museen kann man das lesen.” Und der Leser kann es nachprüfen: Denn neben vielen Abbildungen im Buch selbst sind im Einband Abbildungen aller neun Fresken zu finden.

Kein Roman, aber trotzdem interessant und kurzweilig

Es sei die Kunst Michelangelos gewesen, so zu malen, dass der Betrachter unwillkürlich einen Schritt weiter denke, so Hornemann von Laer. Eine Kunst, die verwirren kann. Denn ebenfalls im Fresko „Die Erschaffung Adams” scheint Gott auf Adam zuzurasen, seine Haare wehen im Wind, sein Gewand ebenfalls. „Zugleich sieht man aber Merkmale wie einen sanft nach unten wehenden, abgeknickten Schleier, der dafür spricth, dass die Geschwindigkeit abrupt gebremst wurde.” Michelangelo stelle demnach rasende Bewegung und Stillstand in ein und derselben Figur da, so der Autor.

Das Buch liest sich nicht wie ein Roman – es ist ja auch eine Doktorarbeit –, ist aber dennoch interessant und kurzweilig. Wer ein Faible für Michelangelo und seine Kunst hat, wird hier viel Neues entdecken. Neues über ein 500 Jahre altes Kunstwerk.