Witten. . Schulen, Wohnhäuser, das Rathaus, der Omnibusbahnhof – durch die ganze Innenstadt ziehen sich neue Graffiti-Schmierereien mit dem Schriftzug „RAW“.
- Seit Ende August verschandeln Graffiti mit dem Schriftzug „RAW“ die Innenstadt
- Bei der Polizei sind 21 Anzeigen wegen Sachbeschädigung eingegangen
- Zeugen haben im Zusammenhang mit den Taten drei junge Männer gesehen und beschrieben
Seit Ende August sind sie unterwegs und haben es geschafft, in den vergangenen Wochen in der ganzen Innenstadt – bis hinauf zum Helenenberg – ihre Schmierereien zu hinterlassen: „RAW“ haben sie sogar an die Eingänge zum Ratskeller und zur Tiefgarage gesprüht. Auch die Nutzer des millionenteuren Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) blicken auf verschmierte Glasabtrennungen, Holzvertäfelungen und Bahnhofswände. Die Polizei erhielt von Zeugen Beschreibungen von drei Jugendlichen (siehe Kasten), die im Zusammenhang mit den Taten beobachtet wurden. Geschnappt werden konnten die drei, die zwischen 16 und 20 Jahre alt sein sollen, bislang nicht.
Gäste des Lokals „Asia Pearl“ empfängt der „RAW“-Schriftzug mit Riesenlettern auf dem Rathausplatz noch vor den Stufen, die zum Lokal führen. Ärgerlich nicht nur für alle Geschädigten, sondern auch für das Image der Stadt.
Kripo-Chef befasst sich seit Jahrzehnten mit Graffiti
Wittens Kripochef Ralf Tietz beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Thema Graffiti. Und kann sich darüber nicht mehr aufregen, wie er zugibt: „Ich kann mich über misshandelte Kinder aufregen und über Männer, die ihre Frauen schlagen.“
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Unter Hinweis auf die personelle Situation der Polizei betont der 60-Jährige, dass sein zwölfköpfiges Team sich schwerpunktmäßig um Wohnungseinbrüche kümmern müsse. Natürlich gehöre aber auch Vandalismus zum Aufgabengebiet. „Wir versuchen, solche Täter zu ermitteln.“ Allerdings sei die Chance, Sprayer zu schnappen – „die übrigens auch häufig tagsüber unterwegs sind“ – nicht sehr hoch. Nur zwischen zehn und zwölf Prozent der Graffiti-Schmutzfinken, die ihre Spuren mit Sprühdosen oder Edding-Stiften an Fassaden, in Hofeingängen, auf Kästen der Stadtwerke oder auf Verkehrsschildern hinterlassen, könnten dingfest gemacht werden. „Festnahmen auf frischer Tat sind die Ausnahme.“
Bei Minderjährigen geht „Erziehung vor Strafe“
Im statistischen Mittel seien die Täter 16 Jahre jung. „Aber wir beobachten: Sie werden immer jünger. Es gibt auch zwölfjährige Sprayer.“ Es handele sich also zumeist um Minderjährige, „die aus allen Schichten kommen, in der Regel brave Schüler“, die beim Sprayen den „Kick, den Nervenkitzel“ des Verbotenen suchten, so Tietz. Wenn solche Fälle vor Gericht landeten, gelte das Prinzip: „Erziehung vor Strafe“.
Nur 21 Anzeigen wegen Sachbeschädigung durch die „RAW“-Sprayer hat der Kripochef derzeit auf dem Schreibtisch. Obwohl der in der Stadt angerichtete Schaden um ein Vielfaches höher ist. Eine Anzeige kommt vom Schiller-Gymnasium. Tietz kann verstehen, wenn Hausbesitzer angesichts der Graffiti-Flut in der Stadt resignierten. Schließlich erlebten Geschädigte, dass sie viel Geld in die Entfernung steckten und dann manchmal schon kurze Zeit später wieder heimgesucht würden.
„Unsere Hausmeister bemühen sich, Graffitis zu entfernen“
Auch bei der Stadt ärgert man sich über die Chaoten. Klaus Böde, Leiter des Gebäudemanagements: „An den Schulen gibt’s fast überall Schmierereien.“ „Um die 15 000 Euro“, lautet Bödes „grobe Schätzung“, koste den Steuerzahler der jährlich angerichtete Sachschaden.
Der auch noch weitere Folgen habe. Sehe eine Schule so aus, werde dort häufig noch mehr verschmiert und kaputtgemacht. „Unsere Hausmeister bemühen sich daher, Graffitis zu entfernen, wenn es geht.“ Bürgermeisterin Sonja Leidemann, die von ihrem Büro aus einen guten Blick auf die Graffitis auf dem Rathausplatz hat, betont, dass sie sich eine Kameraüberwachung an wichtigen Stellen in der Stadt vorstellen könne, die häufig von Vandalen heimgesucht würden. „So wie das in Amsterdam und London ist.“ Nur sei dies so in NRW aus Datenschutzgründen nicht möglich. Sachbeschädigungen in der Stadt seien „eine Sauerei“, betont Leidemann, die den Bürger „viel, viel Geld koste“.