Witten.. Professor Dr. Tobias Esch forscht an der Universität Witten/Herdecke zu einer besonders schönen Sache: dem Glück.
Ist Glück angeboren? Wie beeinflusst Glück die Gesundheit? Kann man Glück lernen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Prof. Dr. Tobias Esch (46), der seit Februar an der Uni Witten/Herdecke lehrt. WAZ-Volontärin Andrea Böhnke sprach mit ihm über seine Forschung.
Sind manche Menschen von Natur aus glücklicher als andere?
Esch: Glück ist nicht gleich Glück. Etwa 50 Prozent unserer Lebenszufriedenheit sind angeboren: Jeder Mensch kommt mit anderen „Werkseinstellungen“ auf die Welt, etwa was das Belohnungssystem im Gehirn betrifft. Die unterschiedlichen „Werkseinstellungen“ bestimmen zum Beispiel, wie schnell und wie viel „Glücksbotenstoffe“ unser Körper produziert.
Was macht die andere Hälfte des Glücks aus?
Etwa zehn Prozent hängen vom Schicksal ab: Damit ist zum Beispiel das Glück gemeint, im Lotto zu gewinnen. Die anderen 40 Prozent kann man selbst beeinflussen, indem man diesen Bereich trainiert, etwa durch Achtsamkeitsübungen oder indem man lernt, dankbar zu sein. Viele Menschen haben den Eindruck, dass anderen das Glück in den Schoß fällt, während ihnen selbst scheinbar immer nur Schlechtes widerfährt. Sie schenken dem Negativen mehr Aufmerksamkeit als dem Positiven. Das ist etwas zutiefst Menschliches und auch in unserem Gehirn verankert: Seit Urzeiten ist es darauf programmiert, bedrohliche, negative Dinge, die um uns herum passieren, wahrzunehmen und zu beachten. Wenn wir älter werden, tritt eine Art Gewöhnungseffekt ein: Dann werden die Menschen statistisch gesehen zufriedener.
Was raten Sie Menschen, die sich eher aufs Negative konzentrieren?
Einige Stationen in Eschs Lebenslauf
Bevor er nach Witten gekommen ist, war Tobias Esch Professor an der Hochschule Coburg in Bayern. Zudem vertrat er eine Gastprofessur an der Harvard Medical School in Boston.
Esch war schon einmal in Witten tätig: Ende der 1990er Jahre war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Witten/Herdecke beschäftigt.
Mit seinem Buch „Die Neurobiologie des Glücks“ landete er auf Platz 1 der Medizin-Bestsellerliste.
Wie kann Glück die Gesundheit beeinflussen?
Wer krank ist, sollte seinen Blick auf die Teile seines Körpers lenken, die gesund sind, und sie aktivieren. Statistisch gesehen ist eine solche Sichtweise für viele Patienten hilfreich, etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Rheuma. Es hat sich zum Beispiel auch gezeigt, dass Schmerzpatienten weniger Medikamente einnehmen müssen, wenn sie meditieren oder Übungen zur Achtsamkeit und Stressbewältigung machen. In den USA gehört die Selbsthilfe bereits zur Behandlung dazu, neben Medikamenten und medizinischen Prozeduren. In Deutschland ist das leider noch nicht selbstverständlich.