Witten. Sabine Hülser aus Witten ist Schäferin aus Leidenschaft. Doch verantwortungslose Hundebesitzer machen ihr das Leben schwer: “Wir haben schon fast 100 Lämmer verloren.“
Idylle pur: In der strahlenden Julisonne weiden die Schafe im Grüngürtel zwischen Witten und Bochum. Einige liegen träge in der Sonne, kleine Lämmer rupfen eifrig Grashalme. Was wie eine Postkarte aus dem Urlaub wirkt, ist in der Realität ein Wirtschaftsbetrieb.
Seit über 30 Jahren ist Sabine Hülser (53) Schäferin aus Leidenschaft. Ein Hobby ist das nicht: „Natürlich müssen wir unsere Kosten decken. Unsere Haupteinnahmequelle ist der Verkauf der Lämmer.“ Über 400 Schafe besitzen sie und ihr Mann Peter. In den Sommermonaten dienen die Tiere quasi nebenbei als natürliche Rasenmäher. „Wir haben einen Vertrag mit der Stadt Bochum. Unsere Schafe weiden die Grünflächen im Stadtgebiet ab“, erklärt die lebhafte Wittenerin. „Wenn Schafe eine Weide abgrasen, ist das aktiver Naturschutz.“
"Die Natur braucht den Wildwuchs"
Natürlich sieht so eine Fläche hinterher nicht so aus wie eine maschinell gemähte. Da bleiben mal die trockenen Gräser stehen, und auch die Brennnesseln fressen die Tiere erst, wenn sie reif sind. Bis dahin bleiben sie für die Schmetterlinge stehen. „Die Natur braucht den Wildwuchs.“ Die meisten Städter sind davon begeistert und haben viele Fragen, die Sabine Hülser gern beantwortet.
Aber es gibt leider auch ein großes Problem: „Viele Hundebesitzer lassen ihre Tiere frei laufen und haben sie dabei oft nicht unter Kontrolle. Wir haben schon fast 100 Lämmer verloren. Die Hunde hetzen die Schafe, die dann Fehlgeburten erleiden, oder töten sogar die Lämmer. Und viele der Hundehalter sehen das als Kavaliersdelikt an und verschwinden einfach. Wir bleiben dann auf dem Schaden sitzen. Das ist wirklich ein Trauerspiel!“
Sabine Hülser greift deshalb zu konkreten Gegenmaßnahmen: Sie hat ihre „Hundestaffel“ aufgerüstet mit einem Herdenschutzhund, der speziell für diese Aufgabe ausgebildet wird. Er bleibt nachts bei der Herde, um sie zu verteidigen, denn von 20 Uhr bis acht Uhr morgens sind die Tiere allein. Auch Diebstähle sind schon vorgekommen.
Auch ein Lamm wird täglich eingecremt
„Manchmal fahre ich nachts raus. Ich kann nur schlafen, wenn ich weiß, dass es meinen Tieren gut geht“, berichtet die Schäferin. Denn bei aller Wirtschaftlichkeit ist ihr Job doch Herzenssache: „Wir lieben unsere Tiere! Sie kommen immer an erster Stelle und müssen in jeder Situation optimal versorgt sein.“ Und da ist oft großer persönlicher Einsatz gefragt. Eines der Schafe hat sich im vorigen Jahr nach der Schur einen Sonnenbrand geholt: „Das wurde dann täglich eingecremt. Und ich habe ihm ein T-Shirt angezogen“, lacht die Schäferin.
Und wie steht es mit der Postkarten-Idylle? „Natürlich gibt es, bei aller Arbeit, den romatischen Teil! Die Schäferei ist wie eine Sucht: Ich könnte ohne sie nicht leben.“
Und dann passiert das kleine Wunder: Eines der Schafe bringt pressetauglich zwei Lämmer zur Welt. Zwei stakselige, feuchte Wesen liegen auf der Wiese und blinzeln in die Sonne. Sabine Hülser strahlt: „Und das ist das Schönste!“