Wesel. Das Fort 1 in Wesel-Büderich ist in Privatbesitz. Zum Tag der offenen Denkmals gibt es Führungen durch einen Teil des außergewöhnlichen Gebäudes.
Gäbe es einen Wettbewerb für das ungewöhnlichste Wohngebäude in Wesel, hätten Kerstin und Werner Becker mit ihrem Zuhause ganz sicher eine Chance auf den Titel. Das Leben hinter dicken, historischen Mauern in einer idyllischen Umgebung ist für sie vor zwei Jahren Realität geworden. Am Perricher Weg in Büderich nahe am Rhein – dort, wo die alte Eisenbahnbrücke einst über den Fluss führte – leben sie in der fast 150 Jahre alten Festungsanlage Fort 1. „Ich habe es noch keine Sekunde bereut“, sagt Kerstin Becker über ihr sehr spezielles Heim. „Das hat kein Zweiter.“
Vor zwei Jahren hat sich die Familie auf die Suche nach einem Zweifamilienhaus gemacht, ist dabei auf die ungewöhnliche Immobilie gestoßen und von Bottrop in den linksrheinischen Weseler Ortsteil gezogen, vis-à-vis der Stadt. In den Gewölben des alten Festungsgebäudes, die Sommer wie Winter gut vor Hitze und Kälte schützen, leben Kerstin und Werner Becker abseits von Verkehr und Hektik. „Ich genieße die Ruhe“, sagt die Hausherrin. Zur Festungsanlage gehört auch die vorgelagerte Torkasematte, die durch ein Torgewölbe vom Weg aus zugänglich ist. Die historischen Gewölbe der Kasematte baut Tochter Lisa derzeit mit ihrem Lebensgefährten zur Wohnung um.
Führung im Fort 1 in Wesel am Tag des offenen Denkmals
Das denkmalgeschützte Fort 1 ist üblicherweise natürlich nicht für Geschichtsinteressierte frei zugänglich, zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 10. September, aber öffnet die Familie in Kooperation mit der Stadt Wesel ihr Domizil. Interessierte können an zwei Führungen durch die Torkasematte mit der städtischen Denkmalpflegerin Dr. Annette Zimmermann teilnehmen. Jedes Jahr bietet die Stadt an diesem Tag die Besichtigung einer historischen Stätte an, diesmal ist es ein „ganz außergewöhnlicher Ort“, wie auch Bürgermeisterin Ulrike Westkamp beim Besuch vor Ort feststellt.
Die Festungsanlage war der letzte Baustein der Festung Wesel und wurde von 1876 bis 1882 für einen bestimmten Zweck gebaut: Sie diente als Kaserne für Soldaten, deren Aufgabe die Überwachung der benachbarten Köln-Mindener Eisenbahnlinie war, die direkt an der Festung den Rhein überquerte. Der Schriftzug Fort 1 ist noch über dem Torbogen am Eingang zu lesen.
Im Innenhof haben sich die Bewohner ein kleines Paradies mit Pflanzen und Sitzgelegenheiten geschaffen. Die im Umbau befindliche Torkasematte mit ihrem mehr als 200 Quadratmetern war einst Teil der Wallanlage, von der die Festung umgeben war, erklärt Dr. Annette Zimmermann. Sie ist ein eingeschossiges Gebäude aus massiven Ziegelmauern, die bis zu 1,38 Meter dick sind. Die Reste der schützenden Wälle sind trotz des Bewuchses noch gut zu erkennen, ebenso die ehemals mit Wasser gefüllte Grabenanlage der militärischen Anlage. Die Eisenbahnbrücke über den Rhein wurde bekanntlich im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Festung war nach dem Krieg zunächst noch Notunterkunft und wird seit 1975 als privater Wohnraum genutzt.
So können Interessenten sich für Führung im Fort 1 anmelden
Ausgewählt hat die Stadt das Objekt für den Tag des offnen Denkmals, weil es mit seiner architektonischen Gestaltung ein Zeitdokument der Architektur- und Militärgeschichte ist. Durch die enorme Zerstörung im Zweiten Weltkrieg hat Wesel nicht mehr viele historische Gebäude zu bieten, so Ulrike Westkamp.
Wer sich für eine Führung mit Dr. Annette Zimmer durch die Torkasematte des Fort 1 interessiert, sollte sich aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl anmelden. Die Führungen am Sonntag, 10. September, beginnen um 14 und 15 Uhr. Es empfiehlt sich die Anfahrt mit dem Fahrrad zum Perricher Weg, da nur wenige Parkplätze für Verfügung stehen. Treffpunkt ist der Eingang zum Fort. Anmeldungen zur Führung sind unter denkmalschutz@wesel.de möglich.