Wattenscheid/Bochum. . Fünf Jahre nachdem eine riesige Cannabis-Plantage mitten in Wattenscheid aufgeflogen ist, fällte das Landgericht Bochum ein erstes Urteil: Der Vermieter der Halle, in der die Pflanzen angebaut wurden, bekam zwei Jahre Haft auf Bewährung. Das Urteil über die beiden Hauptangeklagten steht noch aus.
Ein knappes Jahr lang war Wattenscheid ein Drehkreuz des Drogenhandels. Unweit der Innenstadt wurde Cannabis in ganz großem Stil angebaut. 2007 flogen die Dealer auf. Nun, mehr als fünf Jahre später, fiel das erste Urteil: Das Landgericht bestrafte den Vermieter der Halle, in der die Pflanzen angebaut wurden, mit zwei Jahren Haft auf Bewährung.
Der Tatort ist unscheinbar. Eine ehemalige Fabrikhalle im Bereich Schlachthof-/Marienstraße. Früher, erzählt ein Nachbar, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, diente sie als Lager der Sargschreinerei Schleutker. Zentral und doch in ruhiger Lage – offenbar ein ideales Versteck.
Zwei Bochumer legten dort 2006 eine gigantische Cannabis-Plantage an. In dem 21 mal 15 Meter großen Gebäude stellte die Polizei mindestens 10 000 Pflanzen sicher. Weil Cannabis ziemlich anspruchsvoll ist, sollen die beiden Hauptangeklagten spezielle Licht- und Belüftungsanlagen installiert haben, denn Cannabis braucht ein feucht-warmes Klima.
Viele Kontakte in der Drogenszene
Der heute 50-jährige Mann und die 37-jährige Frau waren also echte Profis und verfügten wohl über viele Kontakte in der Szene. Und die Dealer wussten sich zu helfen. Zur Bewässerung fingen sie Regenwasser in einem Bassin auf.
Der Nachbar erinnert sich, wie er mal mit seinem Hund an dem Gelände vorbeilief. „Vor der Halle stand so ein aufblasbares Planschbecken, wie viele Leute es im Garten haben. In die Halle selbst konnte ich nicht hineinsehen, direkt hinter der Tür hingen Planen, wohl als Sichtschutz.“ Seine Beobachtungen schilderte der Nachbar auch als Zeuge bei der Gerichtsverhandlung, die seit letzter Woche läuft (die WAZ Mediengruppe berichtete).
Ein verhängnisvoller Brand
Um Kosten zu sparen, zapften die Dealer einen Zähler der Stadtwerke an – Wärmelampen sind sonst äußerst kostspielig. Doch genau diese „Sparsamkeit“ kam die Cannabiszüchter letztlich teuer zu stehen. Das Kabelgewirr von Heizung und Licht löste am Nachmittag des 5. Januar 2007 einen Brand aus. Die Feuerwehr rückte an und stieß so auf die unzähligen Pflanzen mit den charakteristischen, handförmigen Blättern. Dass der Prozess erst im Juli 2012 begann, war dem Hauptbelastungszeugen geschuldet, der erst Ende 2011 entscheidende Hinweise gab.
Das Urteil über die beiden Bochumer steht noch aus. Am Mittwoch entschieden die Richter über den damaligen Vermieter der Halle. Der heute 48-Jährige, ein jugendlich wirkender Mann in elegantem Zweiteiler und mit weinroter Krawatte, wirkte erleichtert über die Bewährungsstrafe, die das Landgericht unter anderem wegen Beihilfe verhängte. Um die Chance zur Bewährung hatte er das Gericht mit zitternder Stimme persönlich gebeten.
Vermieter wusste vom Drogenanbau
Der gebürtige Essener, ein Bergmannssohn und Selfmade-Unternehmer, wusste lange Zeit nicht, was da in seiner Halle vor sich ging. Doch weil er nebenan in der Nähe des alten Schlachthofs wohnte, fielen ihm irgendwann die vielen Fremden auf, die dort ein und aus gingen. Er stellte die mutmaßlichen Dealer zur Rede. Als die ihn einweihten, unternahm er jedoch nichts. Weil er Angst um seine Familie gehabt habe, sagte er. Vielleicht auch, weil die Dealer ihm fortan 2500 Euro Miete extra zahlten.
„Sie haben sich nicht gescheut, die Haupttäter zu benennen“, so Richter Michael Rottkemper in der Urteilsbegründung, das habe sich positiv auf die Strafe ausgewirkt.