Wattenscheid. .
Man stelle eine bereits abgemagerte Kuh auf eine gemähte Weide und melke sie stärker als bisher... Mit Hilfe einer solchen Milchmädchenrechnung versucht die Stadt, ihren maroden Haushalt zu sanieren.
Nach übereinstimmender Ansicht der Bezirksvertretung zeugt eine solche „Bauernregel“ weder von Verstand noch von Schläue. „Bochum scheint immer öfter kopflos zu sein“, kritisierte der Fraktionschef der Unabhängigen Wähler-Gemeinschaft (UWG), Klaus-Peter Hülder, in seiner Rede zum Haushalt 2011. Konkret sprach er unter anderem das Vorhaben der Verwaltung an, den beiden Brunnen in der Innenstadt das Wasser abzugraben. „Sollen wir zum Schaden noch den Spott haben? Was hier geplant ist, ist in hohem Maße gedankenlos“, sagte Hülder. Konkret geht es um ein Einsparpotenzial von 2000 Euro jährlich.
SPD-Fraktionschef Manfred Molszich stieß ins gleiche Horn: „Sparen an sich ist ja nichts Schlechtes. Aber wenn darüber ganze Strukturen zerstört werden, so ist das sicher für das Lebensgefühl in der Stadt nicht förderlich. Wenn man sich öffentlich darüber auslässt, dass man aus Sparzwang Hirsche und Ziegen erschießen will, muss man sich nicht wundern, wenn einem der Wind ins Gesicht bläst.“
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CDU-Fraktionsvorsitzender Reinhold Hundrieser machte eine ganz andere Rechnung auf: 1975 habe die Pro-Kopf-Verschuldung der Wattenscheider 700 Mark betragen, jetzt seien es 3200 Euro, Tendenz steigend. „Bochum macht finanziell arm, Bochum macht sozial arm, Bochum macht kulturell arm“, lautete das vernichtende Urteil des Unionspolitikers.
Olaf Krause, Fraktionssprecher der Grünen, warnte jedoch davor zu suggerieren, Wattenscheid würde heute finanziell besser da stehen, wenn es selbstständig geblieben wäre. „Das ist reine Spekulation und angesichts der Krise, die wir zu meistern haben, wenig hilfreich.“
Zu verteilen gab es bei den Etatberatungen der Bezirksvertretung knapp 560 000 Euro, das entspricht etwa zwei Cent pro Tag pro Wattenscheider Bürger. Dem gegenüber stehen auf der sogenannten „Tränenliste“ massive Einschnitte in die Urbanität des Stadtbezirks, eine Erhöhung der Gewerbe- und der Grundsteuer, die Einführung einer Bettensteuer, die Einführung von Winterdienstgebühren, einige Entgelterhöhungen und die Ausgliederung städtischer Einrichtungen wie Hallenfreibad Höntrop, Freilichtbühne und Stadthalle in Freie Trägerschaften.
Auf gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen in der Bezirksvertretung geht der Löwenanteil des bescheidenen Haushalts einmal mehr in die Sanierung der Schulen. In die Unterhaltung des Vogelparks fließen 20 000 Euro, der Erhalt des Tiergeheges im Südpark wird fürs erste Halbjahr mit 12 500 Euro subventioniert, 11 000 Euro sollen in die Sanierung der Skaterbahn „Auf dem Esch“ investiert werden.
Wolfgang Wendland, Repräsentant der Linken, mochte sich dem gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, UWG und Grünen nicht anschließen und stimmte dagegen. „Wir finanzieren aus unserem Etat Aufgaben, die der Rat zu erledigen hat“, meinte der Sänger der Punk-Band „Die Kassierer“, der bei seiner Rede allerdings nicht immer im Bilde war. So kommentierte Bezirksbürgermeister Hans Balbach Wendlands Beitrag treffend: „Wir danken ihm für seinen Mix aus Vortrag und Fragestunde.“