Wattenscheid. .
Zwei Gildebrüder aus Wattenscheid möchten Motive aus der Stadt auf einer Sondermarke sehen. Was drauf abgebildet sein soll, wissen sie auch schon: die beiden Taufsteine der Propsteikirche und aus St. Gertrud.
Gabriel – ein Name, ein Begriff und viele Deutungsmöglichkeiten. Der führende SPD-Politiker ist nicht gemeint, auch nicht der englische Rockmusiker Peter. Erzengel, das kommt schon näher. Der Weltbund St. Gabriel beschäftigt sich mit „Sammlungen religiöser Motive auf postalischen Dokumenten“. Dazu gibt es in Deutschland Gilden, in der Hellwegstadt eine, und die besteht noch aus zwei „Brüdern“: Herbert Döppenschmitt (80) und Paul Neumann (76).
Deren Alter lässt ahnen, dass die heutigen Senioren schon seit langer Zeit diesem Hobby frönen. „Nach dem Krieg haben wir damit angefangen“, sagen beide. Und dabei ist in den Jahren vieles, sehr vieles, zusammen gekommen. Davon später mehr. Denn trotz aller Tradition und Historie beschäftigen sich die Herren – der Eine war Propst des früheren Stadtdekanates, der Andere über 40 Jahre Anstreicher im Marien-Hospital an der Parkstraße – mit einem sehr aktuellen Thema: der Kulturhauptstadt 2010.
Dazu hat die Deutsche Post nämlich einen Zehnerblock Briefmarken herausgebracht, der 53 Städte nennt, „aber eben nicht die früheren Städte, die kommen als jetzt Vororte zu kurz“, sagt Prälat Neumann und listet (Essen-) Kettwig und (Mülheim-) Saarn, (Duisburg-) Hamborn oder (Bochum-) Stiepel, aber natürlich auch Wattenscheid auf.
Das könnte eine neue Sondermarke in angemessenes Licht rücken. Das besondere Wertzeichen der Post soll zwei Motive zeigen: den Taufstein der Propstei-Kirche in Bochum von 1175 und sein Gegenstück aus der Pfarrkirche von St. Gertrud. „Der ist noch um die tausend Jahre älter“, haben die Fachleute recherchiert.
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Dieser „kulturpolitische Vorschlag für eine Auflage von sechs bis zehn Millionen Stück“ soll an das zuständige Bundesfinanzministerium gehen. „Wir wollen dafür eine Lobby bilden und auch Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert anschreiben“, sagen die Initiatoren. Sie haben Erfahrungen mit postalischen Besonderheiten; auch wenn die nicht mehr so ganz druckfrisch sind. Zu Weihnachten 1978 gab’s einen Sonderstempel auf Wertzeichen – aber schon mit der Postleitzahl 4630 Bochum 6; oder 1982, als die Kolpingsfamilie Wattenscheid 100 Jahre alt wurde.
Und damit taucht Herbert Döppenschmitt ein in seine Kilo schwere Sammlung. Motive, Stempel auf Postkarten oder Dokumenten; nur auf St. Gertrud bezogen oder auf die Partnerschaft zu Nivelles in Belgien („ein Stempel von 1970, sehen Sie mal“) – der Mann blättert zielsicher in vielen Seiten zahlreicher Aktenordner und hat Geschichtliches samt Anekdoten parat. Seine Schätze scheinen viel zu schade zu sein für private Regale, aber eine Ausstellung müsse ja auch präsentiert und damit finanziert werden, geben die Sammler zu bedenken. Nach etlichen Erzählungen führt der Weg wieder in die Gegenwart, der in die Zukunft bis zum Erscheinen der Briefmarke braucht dagegen eine längere Zeitschiene. „Zwei Jahre“, sagt Paul Neumann, „kann es schon dauern, bis über unseren formlosen Antrag entschieden wird.“
Dann ist das Jahr der Kulturhauptstadt selbst schon wieder Geschichte. Und wenn’s nichts wird mit der Briefmarke? „Hauptsache, so etwas Historisches wird überhaupt noch gesammelt“, entgegnen die letzten beiden Wattenscheider Gilde-Brüder. Ihr Anliegen hat Paul Neumann im „Gabriel“, der Zeitschrift für die im Weltbund vereinigten deutschsprachigen Gruppen, bundesweit unter der Überschrift „Briefmarkenkultur“ kund getan und dabei gleich mal die Pilgerkapelle St. Bartholomäus ins Spiel gebracht.
Noch ein Motiv, noch eine Motivation.