Wattenscheid-Höntrop. Die Höntroper Gänsereiter blicken auf 425 Jahre zurück. Durch viele Anpassungen ist der Club in Bochum-Wattenscheid auch für Jüngere attraktiv.
Selbst in 425 Jahren Geschichte lässt sich immer noch etwas Neues entdecken. Denn ob die Gänsereitertradition in Höntrop tatsächlich darauf zurückgeht, dass im spanisch-niederländischen Erbfolgekrieg gelangweilte Söldner im „Wattenscheider Kirchspiel“ in Reiterwettkämpfen Gänsen die Hälse abrissen, ist nicht verbürgt. Dafür haben die heutigen Gänsereiter aus Höntrop tatsächlich neues Altes ausgegraben: Die Reihe der Könige konnte bis 1891 erweitert werden.
Großes Fest zum Jubiläum in Wattenscheid-Höntrop
Das Jubiläum der Gründung anno 1598 begeht der Verein jedenfalls groß in der eigenen Halle am Höntroper Gänsereiterweg. Sie steht nunmehr seit exakt 40 Jahren, und Oberschulte Markus Oskamp fasst kurz und stolz zusammen: „Es gehört alles dem Club, was man hier sieht: Grundstück und Halle haben wir allein bezahlt und allein gebaut.“
Feier an der Gänsereiterhalle in Bochum-Wattenscheid
Gefeiert wird am 16. und 17. Juni. Am Freitag bildet um 18 Uhr ein Festgottesdienst in der St. Marien-Kirche am Forstring den Auftakt, danach startet ein kleiner Umzug zur Gänsereiterhalle, wo am 20 Uhr die Delegationen der Vereine und Gratulanten empfangen werden. Der Samstag bringt ab 19 Uhr eine Party mit den „Drummerholics“, ähnlich der „Blue Man Group“, und den „Swinging Funfares“. Eintritt 10 Euro, Karten bei den Gänsereitern.
Dann wird auch der Jubiläums-Pin mit der „425“ besonders in den Blick gerückt. Die durchnummerierten Anstecker dienen als Lose für die Tombola.
Fortgesetzt haben die „Blaukittel“ auch in diesem Jahr bei ihren Veranstaltungen die schöne Tradition, Geld für die sechs Höntroper Kindergärten zu sammeln. 3600 Euro, also je 600, sind mit Hartnäckigkeit rund um das Gänsereiten und die Umzüge zusammengekommen.
Holzattrappe für den Reiterwettbewerb
Stichwort Kinder und Jugend: Seit 2006 reiten die Kinder in ihrem eigenen Wettbewerb nicht mehr auf Gänse, sondern auf Hufeisen, die sie mit der Reitgerte erobern müssen. Für das eigentliche Gänsereiten am Rosenmontag im Höntroper Südpark entschloss sich der Club in der Session 2017/18, auf Holzgänse umzusteigen.
Ausstellungen im Jubiläumsjahr
Einen Blick ins Archiv geben die Höntroper Gänsereiter in einer Ausstellung ab Montag, 12. Juni, in der Sparkasse an der Westenfelder Straße am Kreisverkehr. Zwei Wochen lang sind dort alte Zeitungen, Orden und skurrile Fundstücke zu sehen. Auch vor dem Büro der Grünen in der Vitrine an der Freiheitsstraße präsentiert sich der Club mit sehenswerten Sammlerstücken.
Die Festschrift zum Jubiläum wird in der nächsten Woche in Umlauf gebracht. Sie geht auf einige Besonderheiten wie das Gänseessen, das Rosendrehen, das Wurstsammeln und die Abteilungen - Musketiere, Wildgänse - ein,
„Wir wollten damit das Gänsereiten noch familienfreundlicher gestalten“, unterstreicht Oskamp. Lebendige Gänse hatte ein Erlass für ganz Europa bereits um 1802 verboten. Die dann vorab getöteten Vögel kamen in Höntrop zeitnah nach dem Gänsereiten beim traditionellen Gänseessen auf den Tisch. Das Essen ist auch mit Einführung der Holzattrappe („Bertha“ und Schaugans „Mendoza“) für den Wettbewerb ein fester Termin.
Mit dabei und daher auch bei der Jubiläumsfeier erwartet, sind so gut wie immer auch Gäste aus der kastilischen Stadt El Carpio de Tajo, die am Johannestag (25. Juli) ihren Reiterwettbewerb austragen. Im vergangenen Jahr konnten beide Clubs auf 25 Jahre wechselseitiger Besuche zurückblicken.
Gemeinsam im Festausschuss zum Karneval
„Wohl, weil unser Umzug am Rosenmontag einer der ältesten in der Gegend ist“, begründet Oskamp, wie es dazu kam, dass die Gänsereiter zu Mitgründern des Festausschusses Wattenscheider Karneval wurden. Wieder aufgelebt ist auch die traditionelle Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden im Dorf Höntrop. Zufrieden stellt Markus Oskamp jedenfalls fest: „Der Club lebt das ganze Jahr über, nicht nur zum Anböllern und Sessionsstart und zum Rosenmontag.“