Wattenscheid-Mitte. Das erste Familien-Grundschulzentrum ist nun in Wattenscheid in Betrieb gegangen. „FuN“-Fest steht dabei bewusst für „Familie und Nachbarschaft“.

An Bochumer Kindertagesstätten werden Familienzentren als ein Erfolgsmodell angesehen. Nach ihrem Vorbild bietet die Stadt, gefördert vom Land NRW, deshalb Eltern nun auch an Grundschulen weitergehende Unterstützung bei Fragen zu Bildung, Betreuung und Erziehung an. Dahinter steht die Maxime: Jedes Kind hat das Recht auf Bildung und Förderung – je früher, desto besser.

Vier Zentren arbeiten in ganz Bochum schon

An der Gertrudisschule an der Vorstadtstraße, an der Amtmann-Kreyenfeld-Schule im Bezirk Ost, der Feldsieper Schule in Mitte und der Waldschule (Süd) haben die ersten dieser Familiengrundschulzentren (FGZ) seit August 2021 nach und nach ihre Arbeit aufgenommen.

Auch das Stadtteilbüro „WAT bewegen“ war beim Nachbarschaftsfest an der Gertrudisschule mit einem Kreativstand vertreten.
Auch das Stadtteilbüro „WAT bewegen“ war beim Nachbarschaftsfest an der Gertrudisschule mit einem Kreativstand vertreten. © WAZ | Uli Kolmann

Auf dem Hof an der Vorstadtstraße ist viel los, für den Start des Zentrums hat die Gertrudisschule zum „FuN“-Fest „Familien und Nachbarn“ eingeladen. „Wir haben uns lange Gedanken gemacht, was wir brauchen“, berichtet Christian Töpfer, Leiter des FGZ. 80 Prozent der 340 Familien in der Schulgemeinde haben einen Migrationshintergrund. „Viele sprechen nicht sicher Deutsch, können bei Hausaufgaben nicht gut helfen, und bleiben im Stadtteil unter sich“, schildert der 49-Jährige.

Sprachcafé für Eltern

Viermal pro Woche gibt es daher zum Beispiel hier ein Sprachcafé für Eltern. Um Raum für die Angebote zu haben, hat die Awo als Trägerin von Offener Ganztagsschule und Familien-Grundschulzentrum die Schulbetreuung in die Klassenzimmer verlegt. Wo Sorgen erkennbar werden, offeriert das FGZ Hilfe, holt weitere Unterstützung ins Boot und vor allem ins Haus.

Direktorin Tanja Knopp will mit dem FGZ eine Lücke schließen. „Die droht bei manchen Kindern nach der Kita-Zeit und dem Wechsel zur Grundschule. Wir wollen den Kindern und Eltern zeigen, was es im Umfeld, in der Nachbarschaft in Sachen Freizeit, Kultur oder Sport alles gibt.“ Das bedeute auch schon mal „Elternbildung mit Sprachkursen für Eltern, gerade für die mit vielen Kindern, und zwar vor Ort, wo sie sowieso hinkommen, und unsere Schule kennen.“

Nach Bedarf eigenständig anbieten

„Wir wollen keine Familienzentren andocken“, erläutert Tanja Biel, die im Schulverwaltungsamt den Aufbau den FGZ koordiniert. Die Schulen sollen sich dazu entwickeln und Eltern im Alltag bedarfsorientiert und partnerschaftlich zur Seite stehen. „Zuhören und erhören“, sagt Dinah Bronner, seien der Schlüssel. Die 36-Jährige leitet das vom evangelischen Kirchenkreis getragene FGZ an der Feldsieper Schule.

In Afrika gibt es dafür ein Sprichwort: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“, zitiert Dinah Bronner. Sie findet: „In diesem gemeinsamen und ganzheitlichen Ansatz steckt das Potenzial, Gesellschaft zu verändern.“

An der Gertrudisschule koordiniert Arne Vetter die Aktivitäten.
An der Gertrudisschule koordiniert Arne Vetter die Aktivitäten.

Ziel aller Aktionen in den Zentren soll sein, ungezwungen ins Gespräch zu kommen. Die Angebote sollen als regelrechte Türöffner wirken. Arne Vetter, der die Aktivitäten im und rund um das FGZ in Wattenscheid koordiniert, ist überzeugt: „Man traut sich dann, ganz unterschiedliche Dinge offen anzusprechen. Dafür müssen wir die Eltern schon am Tor abholen, wenn sie die Kinder bringen oder wieder mitnehmen.“

Ein FGZ pro Stadtbezirk geplant

Je ein Familiengrundschulzentrum (FGZ) soll ebenfalls in den verbleibenden Stadtbezirken im Bochumer Norden und Südwesten perspektivisch entstehen. 15.000 Euro erhält jedes FGZ im Jahr vom NRW-Ministerium für Schule und Bildung. Inhaltlich unterstützt die Wübben Stiftung die Entwicklung und Vernetzung der FGZ.

Die Stadt investiert zusätzlich in jedes FGZ jährlich 7.000 Euro – mehr als dreimal so viel, wie der gesetzliche Teil es vorsieht. „Grundschulen zu Familienzentren zu entwickeln, ist ein Projekt der Bochum Strategie. Das Ziel: gleiche faire Bildungschancen zu schaffen“, erklärt die Stadtverwaltung.

Knoten im Nachbarschafts-Netzwerk

In der Zusammenarbeit von Trägerverband, Kirchengemeinden, Jugendamt und den Fördervereinen der Schulen sollen die Knoten im Netzwerk des jeweiligen Schul-Umfeldes geknüpft werden. Das gilt auch für die Sportvereine, die schon viele Grundschulkinder in ihren Reihen haben.

So wirken an einem Ort viele vielfältig mit an der Entwicklung der Kinder, schultern gemeinsam Erziehungsaufgaben und Bildungsauftrag, teilen Erfolge, unterstützen bei Fragen und Nöten.