Wattenscheid. Der Vorstand der SG Wattenscheid sieht ein neues Gemeinschaftsgefühl wachsen. 500 Zuschauer wollen das erste Benefizspiel in der Lohrheide sehen.

Stefan Beermann ist auch an diesem Tag umtriebig. Obwohl Fußball läuft, das erste Spiel der SG Wattenscheid gegen eine Stadtauswahl. Es ist schwierig, den Mann im passenden Moment zu erwischen. Denn sobald er einmal zum Stehen kommt, dauert es nur wenige Augenblicke, bis er sich schnellen Schrittes wieder auf den Weg zum nächsten Gespräch macht. Das geschieht häufig an diesem Samstagnachmittag, denn die, mit denen Beermann im Lohrheidestadion unentwegt Kontakt hält, haben gemeinsam das, was auf dem Rasen geschieht, wieder möglich gemacht.

Beermann ist Marketing-Vorstand des Fußball-Oberligisten SG Wattenscheid 09, sein Job umfasst neben der Sponsoren-Akquise unter anderem auch die -Pflege. Doch seit dem letzten Pflichtspiel der SGW im Oktober des vergangenen Jahres hat sich der Inhalt der Gespräche, die der 56-Jährige mit Unterstützern des Vereins führt, grundlegend geändert. Von „Wollen Sie?“ hin zu „Wollen Sie trotzdem noch?“ - denn Sponsoring lohnt sich im Grunde nur, wenn der Ball tatsächlich rollt.

Wattenscheid kann auf seine Sponsoren vertrauen

Endlich rollt das Leder wieder. Die Zuschauer genossen das Spiel der SG gegen die Wattenscheider Stadtauswahl.
Endlich rollt das Leder wieder. Die Zuschauer genossen das Spiel der SG gegen die Wattenscheider Stadtauswahl. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Wie sonst soll der Club die zahlreichen Werbebanden oder den Trikot-Aufdruck präsentieren, wenn nicht im Stadion, das am vergangenen Samstag erstmals wieder seine Tore öffnete. Mehr als 500 Menschen waren da, die meisten von ihnen wissen, was für einen harten Weg Beermann und Co. gehen mussten, um den Verein zu erhalten. Der Funktionär erklärt: „Alle Sponsoren sind geblieben. Und es sind sogar welche hinzugekommen.“

Einer davon läuft gerade vorbei. Marco Radzanowski, der mit seinem Unternehmen bereits geholfen hat, das Nachwuchszentrum an der Berliner Straße aufzuhübschen, ist eingestiegen. „Der Wille, etwas zu tun, war eigentlich schon immer da“, erklärt er. Doch in der Vergangenheit sei ihm die Führung des früheren Bundesligisten nicht seriös genug gewesen. „Vielen ging es nur um sich selbst. Jetzt ist Aufschwung da.“ Obwohl aufgrund der Pandemie vielerorts Unsicherheit herrschte.

Lieber etwas kleiner gesetzt

Marketing-Vorstand Beermann berichtet: „In Gesprächen mit Sponsoren habe ich oft gehört, dass sie über unsere Werbung neue Aufträge bekommen haben. Selbst wenn es wenige waren, hat sich das also schon gelohnt.“ Zudem könnten sich die Sponsoren untereinander austauschen. Der Verein bietet dafür Plattformen. Lediglich ein verhältnismäßig unangenehmes Gespräch habe er führen müssen. „Eine Geschäftsfrau musste ihren Laden für acht Monate schließen. Sie wollte aber unbedingt dabei bleiben und hat darum gebeten, dass wir die Summe etwas reduzieren.“

Rund um den Verein, der noch vor rund zwei Jahren für Argwohn und Misstrauen in der Nachbarschaft gesorgt hat, hat sich eine Gemeinschaft zusammengefunden. Zu ihr gehört auch Michael Pasternak, der sich bereits vor einigen Jahren die Namensrechte des VIP-Raums in der Geschäftsstelle des Stadions gesichert hat. Seither finden sich Spieler, Sponsoren und Funktionäre nach den Partien im Pasternak-Stübchen ein. Sein Engagement hat er fortgesetzt, obwohl der Ball ruhte.

„Ich habe mit meinem Unternehmen von der Pandemie profitiert“, sagt er. Daher sei es ihm auch ein Anliegen gewesen, „etwas an meine Stadt zurückzugeben“. Das Bewusstsein sei noch einmal geschärft worden. „In Kundengesprächen habe ich immer wieder gehört, wie wichtig es vielen ist, in der Umgebung einzukaufen.“

So sieht es der Unternehmer von der Seitenlinie

Kai Wicke ist erfahrener Unternehmer und einer der ersten Großsponsoren der SGW und beim Spiel am Samstag mit dabei gewesen.

Auf die Frage, wie er aus Sicht eines Geschäftsmannes den in der Vergangenheit oft chaotischen Auftritt des Clubs bewertet, kurz und trocken: „Hier wurde viel geschafft. Der Verein gibt ein gutes Bild ab, und er hält es dabei aber einfach: Hier wird kein Cent mehr ausgegeben als da ist.“